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Gesundheitswesen Kreiskrankenhäuser sind Auslaufmodell

Wegen strengerer Auflagen dürften vor allem kleinere Kliniken in Sachsen-Anhalt Kompetenzen abtreten müssen. Es drohen Schließungen.

Von Alexander Walter 07.11.2019, 00:01

Magdeburg l Das Kreiskrankenhaus als regionaler Arbeitgeber mit großer Bandbreite stationärer Bereiche etwa für Frauenheilkunde, Kardiologie oder Orthopädie könnte bald zum Auslaufmodell werden.

Grund sind neuerlich verschärfte Vorgaben des Bundes zu Personaluntergrenzen auf Stationen ab 2020. Galten diese seit Januar zunächst für Intensivmedizin, Kardiologie, Unfallchirurgie und Altersheilkunde, sollen sie ab 2020 auch für Neurologie, Herzchirurgie und die Schlaganfallbehandlung greifen. „Ich sehe die Gefahr, dass Kliniken nicht genügend Personal an Bord haben werden“, sagte Sozialministerin Petra-Grimm Benne (SPD) gestern bei einem Expertenforum von Techniker-Krankenkasse (TK) und Krankenhausgesellschaft zur Zukunft der Kliniken im Land.

Sie rechne damit, dass mehrere Schwerpunktkliniken wegen der Auflagen ihren Status verlieren könnten. Klar ist bereits: Acht Häuser dürfen wegen Unterschreitung von Mindestzahlen bei OPs ab 2020 Knie- und Bauchspeicheldrüsen-Operationen nicht mehr ausführen.

Auch finanziell sehen die Zeiten eher düster aus: 2017 schrieb nach einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) fast jede dritte Klinik rote Zahlen. Ab 2020 sollen nun die Pflegekosten aus der Behandlungsvergütung der Krankenkassen herausgelöst werden, viele Kliniken rechnen dann mit weiter sinkenden Einnahmen.

Die Finanzierung der Krankenhäuser teilen sich Krankenkassen und Länder. Während die Kassen den laufenden Betrieb über die Behandlungsbezahlung übernehmen, kommen die Länder für Investitionen auf.

Auch das Land stattet die Kliniken spärlich aus. Von einem Höchststand von knapp 180 Millionen Euro 2005 sanken die Zuschüsse auf 48,8 Millionen Euro in diesem Jahr. Eigentlich hatte Grimm-Benne eine Aufstockung auf 104,5 Millionen Euro bis 2021 in Aussicht gestellt. Dazu wird es wegen des überdehnten Landes-Etats nun aber nicht kommen.

Aktueller Stand ist, dass es bei 48,8 Millionen Euro Zuschüssen 2020 und 2021 bleibt. Die Krankenhausgesellschaft bezifferte den Investitionsstau im Land zuletzt auf 1,5 Milliarden Euro.

Zur Beseitigung des Sanierungsstaus schlug TK-Landes­chefin Steffi Suchant ein Sonderprogramm vor: Pro Patient und Behandlungstag könnten die Kassen pauschale Beiträge entrichten. Im Gegenzug wäre aber ein stärkeres Mitspracherecht der Kassen bei der Strukturplanung richtig, so Suchant. Chancen auf ein solches Programm gibt es indes kaum. Wohin aber wird die Reise gehen?

„Wir müssen wegkommen vom Gedanken, dass jedes Haus alle Leistungen gleich erbringen kann. Die Lösung sind Kooperation und Spezialisierung“, sagte Suchant. Kleinere Standorte könnten sich etwa auf die Notfallversorgung sowie die Nachsorge und ambulante Behandlungen konzentrieren.

Was aber bliebe bei einem solchen Szenario von den heutigen kleineren Häusern noch übrig? „Die Frage ist: Erhält man einen Fachbereich um der Abteilung willen oder um die Versorgung der Menschen zu verbessern“, sagte TK-Krankenhausexperte Jörg Manthey dazu. Grimm-Benne sagte: „Die Vorgaben kommen von der Bundespolitik, als Land können wir sie kaum aufhalten.“ Zugleich bekannte sie sich erneut zum Erhalt aller 48 Standorte. Krankenhausplanung könne nicht nur am Reißbrett erfolgen. "Wir machen Politik in einer augheizten Stimmung." Man müsse die Menschen mitnehmen.

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