Sprachlehrer GEW kritisiert erneut Wegfall
800 Unterrichtsstunden pro Schultag würden in Sachsen-Anhalt ausfallen, wenn die Verträge von 50 Sprachlehrern auslaufen.
Magdeburg (dpa) l Angesichts des bevorstehenden Wegfalls der 185 befristet eingestellten Sprachlehrer an den Schulen in Sachsen-Anhalt schlägt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Alarm. Derzeit gebe es 7400 Kinder mit Migrationshintergrund an den Schulen, etwa 3000 hätten noch Anspruch auf Sprachförderung. Bei der Einstellung im vergangenen Jahr sei mit der Hälfte gerechnet worden, sagte GEW-Landeschefin Eva Gerth am Dienstag in Magdeburg. "Es ist unverständlich, dass das Bildungsministerium seine eigenen Zahlen und Erlasse ignoriert." Es säßen dann Kinder und Jugendliche ohne ausreichende Deutschkenntnisse in den Klassen und könnten dem Unterricht nicht folgen.
"Würden die Sprachlehrkräfte weggehen, würde sich schultäglich eine Differenz von 800 Unterrichtsstunden ergeben und wären nicht mehr abgesichert", betonte Gerth. Die Stunden müssten ausfallen oder vertreten werden. Dabei sei die Unterrichtsversorgung ohnehin sehr knapp. Bildungsminister Marco Tullner (CDU) entgegnete: "Wir haben uns bemüht, diese Dinge in den Blick zu nehmen und Schule so zu organisieren, dass es möglichst geräuschlos weitergeht. Dass es an der einen oder anderen Stelle Unwuchten gibt, kann ich nicht ausschließen."
Tullner verwies auf die 50 Sprachlehrer, die das Land inzwischen fest eingestellt habe und sagte: "Wir müssen uns mit der Frage beschäftigen, haben wir einen realen Bedarf oder einen gefühlten Bedarf. Diese Prüfungen laufen noch." Tullner betonte, er habe noch keine haushaltsrechtlichen Grundlagen für weitere Einstellungen. Er verwies darauf, dass mehr ausgebildete Lehrer gewonnen werden müssten. Viele der befristet eingestellten Sprachlehrer hätten keine pädagogische Ausbildung. "Es gibt darunter auch Diplom-Landwirte und Diplom-Keramiker. In der Schule sollen möglichst Profis Unterricht machen."
GEW-Chefin Gerth sieht das anders. "Ich denke, wer sich ein Jahr lang versucht hat, in diese schwierige Materie einzuarbeiten, der ist tatsächlich auch in der Lage, eine Lehrkraft zu sein in Sachsen-Anhalt", sagte Gerth. Fast alle unterrichteten inzwischen in anderen Fächern und alle hätten einen Hochschulabschluss. Gerth warnte davor, dass die Sprachlehrkräfte in andere Bundesländer abwandern. Tullner sagte, das sei sicher nicht in jedem Fall zu verhindern.
Grüne, Linke und SPD sehen die Sprachlehrkräfte weiter als nötig an. "Die Sprache ist der Schlüssel für eine gelungene Integration von Kindern mit Migrationshintergrund. Eine abrupte Unterbrechung des Unterrichts mitten im Schuljahr ist katastrophal", teilte die Grünen-Landtagsfraktion mit. Von der Linken-Fraktion hieß es: "Die Tatenlosigkeit der Landesregierung führt immer mehr Schulen in eine bisher nicht gekannte Krise und stellt die Erfüllung des Schulgesetzes grundsätzlich in Frage."
Der SPD-Landesvorsitzende Burkhard Lischka warnte davor, neue Probleme an den Schulen entstehen zu lasen. "CDU-Bildungsminister Marco Tullner wird nächstes Jahr alle Hände voll zu tun haben, um für die neu auszuschreibenden und dringend benötigten Lehramtsstellen Bewerberinnen und Bewerber zu finden. Wir sollten froh sein über jeden, der sich heute im Schuldienst engagiert – gerade auch über Quereinsteiger."