Prozess nach Weihnachtsmarktanschlag Grauer Riese steht für den Mega-Prozess in Magdeburg bereit
Behelfsgericht für die Verhandlung gegen Magdeburger Weihnachtsmarkt-Attentäter ist fertig. Schusssichere Glaskabine für den Angeklagten, Dutzende Monitore und mehr als 150 Mikrofone sind aufgebaut.

Magdeburg. - Innerhalb von drei Monaten hat eine Spezialfirma für Leichtbauhallen aus Limburg (Hessen) Sachsen-Anhalts größten Gerichtssaal auf die Grünfläche an den Magdeburger Ministerien im Osten der Stadt gebaut. Angesichts der Dimensionen von 100 mal 40 Metern, allein für die Haupthalle und deren schlichter dunkler Farbe wirkt das 13 Meter hohe Behelfsgericht wie ein grauer Riese. Er ragt am Jerichower Platz hinter einer mobilen Polleranlage, Zäunen und Stacheldraht hervor.
Der angemietete Sicherheitssaal soll Platz für eines der größten Strafverfahren der Nachkriegsgeschichte bieten, zumindest was die Zahl der Prozessbeteiligten betrifft. Verhandelt wird hier möglicherweise schon ab 22. Oktober gegen den Attentäter vom Magdeburger Weihnachtsmarkt.
Drinnen riecht es wegen der neuen Teppiche und des Inventars noch etwas nach Möbelhaus. Es gibt verschiedene Podestebenen, so dass alle Nebenkläger und ihre Anwälte einen freien Blick auf das Gericht haben. Insgesamt sind allein hier 450 Plätze mit mehr als 150 Mikrofonen eingerichtet. Weitere kommen noch für die Anklagevertreter, das Gericht und die Sachverständigen dazu. Die Zuschauer sitzen zusammen mit den Pressevertretern hinter einer Glasfront mit vorerst 200 Plätzen.
„Das könnte aber noch erweitert werden“, erklärt Landgerichtssprecher Christian Löffler. Der Angeklagte selbst sitzt mit seinen Verteidigern in einer schusssicheren Glaskabine. Alle Plätze sind mit Videotechnik ausgerüstet, die das Geschehen auf Monitoren in den Zuschauerraum überträgt.
Es gibt aber auch separate Räume in einem öffentlich nicht zugänglichen Anbau für Beratungen des Gerichts, die Überwachungszentrale und den Angeklagten. Auch ein Toilettentrakt gehört jeweils dazu. Der Bau hat insgesamt eine Platzkapazität für 700 Personen. Die Halle soll winterfest, sturm- und hagelsicher sein.

Die offizielle Übergabe des Komplexes durch die Firma als Vermieter erfolgte bereits in der vergangenen Woche, erklärte gestern Justizministerin Franziska Weidinger (CDU). Der Vermieter erhielt 1,7 Millionen Euro für die Errichtung der streng gesicherten und videoüberwachten Einrichtung. Dazu kommen monatliche Mietzahlungen in Höhe von 390.000 Euro. Darin ist der Betrieb, wie Räumdienst und Reinigungsarbeiten nach den Prozesstagen inbegriffen. Bei den bisher veranschlagten fünf Monaten Prozessdauer mit 50 Verhandlungstagen ergibt das also weitere 1,95 Millionen Euro plus der Demontagekosten von 700.000 Euro. Unterm Strich kommt somit ein Betrag von mindestens 4,35 Millionen Euro auf den Steuerzahler zu.
Der Angeschuldigte Taleb A. soll sich in dem bevorstehenden Prozess wegen sechsfachen Mordes verantworten. Der aus Saudi-Arabien stammende Mann hatte bei seinem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt einen neunjährigen Jungen und fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren getötet. Ihm wird auch versuchter Mord in 338 Fällen vorgeworfen. In 309 Fällen wirft ihm die Staatsanwaltschaft zudem tateinheitlich gefährliche Körperverletzung und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr in Form eines Verbrechens vor.
Zurzeit prüft der Generalbundesanwalt nach einem Beschluss des Landgerichtes Magdeburg, ob nicht doch wegen eines möglichen politischen Motivs der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg zuständig ist. Bis zum 9. Oktober wird dazu eine Entscheidung erwartet. Sollte der Generalbundesanwalt den Fall ablehnen, steht dem Start am 22. Oktober wohl nichts mehr im Wege.
Unabhängig davon, wie die Entscheidung ausfällt, das Verfahren wird in jedem Fall im Behelfsgericht stattfinden. Offen ist nur, ob die 1. Große Strafkammer des Magdeburger Landgerichtes oder der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichtes in Naumburg auf der Richterbank Platz nimmt.