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Gründer: Mit Blumen, Schwertern und Büchern

14.11.2012, 18:54

Das eigene Unternehmen - das kann Traum oder Alptraum sein. In der "Gründerwoche 2012" stellt die Volksstimme drei junge Leute vor, die den Weg in die Eigenständigkeit riskieren: Eine Blumenfee, ein Mittelalterfan und eine "Lernlehrerin".

Magdeburg l Maren Hellwig aus Rottmersleben sieht mit ihren wallenden blonden Haaren fast so aus wie die Blumenfee auf ihrem Lieferwagen. Nur das Miniröckchen der Fee tauscht sie - im Winter - gegen eine wärmende Jeans. "Den Namen ,Blumenfee\' für die Internetseite habe ich mir schon vor zehn Jahren schützen lassen", erzählt die 29-Jährige. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft an der Hochschule Harz nahm das "Feen"-Projekt langsam Gestalt an. Seit Anfang 2011 verschickte sie von ihrem Heimatdorf aus bundesweit Blumenpakete.

Ohne Vater Hans-Hermann wäre die Blumenfee wohl nicht so schnell "flügge geworden". Der Florist betreibt mehrere Geschäfte im Raum Haldensleben. Seine Mitarbeiter verpacken die Sträuße, die Tochter Maren liebevoll mit Plüschtieren und Konfekt gestaltet. Das Besondere der Blumenfee-Geschäftsidee ist, dass nicht allein Blumen verschickt werden, sondern große Präsentkartons, die unter anderem auch Vasen, Weinflaschen und kleine Stofftiere enthalten.

"Wir haben lange gesucht und probiert, bis wir den perfekten Karton hatten", erzählt sie. Die Firma "Nordpack" in Hannover hat monatelang an Varianten gebastelt. "Etwa zehn Entwürfe gab es. Das Ergebnis haben wir als Gebrauchsmuster schützen lassen", erzählt Maren Hellwig. Der Karton hat spezielle Fächer und Schubladen. So kommt alles sicher beim Kunden an.

Die Zahl der täglich versendeten Sträuße bewege sich inzwischen "im guten zweistelligen Bereich". Das Auftragsvolumen wachse langsam, aber stetig. 160 verschiedene Strauß-Geschenk-Variationen gibt es. Überrascht haben sie die hohen Online-Werbekosten. "Auch die technische Betreuung der Internetseite und die Bezahlabwicklung sind nicht ohne", erzählt die "Blumenfee".

Noch ganz am Anfang seiner Karriere als Unternehmer steht Dirk Klocke aus Magdeburg. Der 42-Jährige hat eigentlich nach der Schule Koch gelernt, arbeitete aber auch als Anlagenfahrer und Betreuer bei Ferienfreizeiten. In den vergangenen zehn Jahren war Dirk Klocke als Internatspädagoge am Privatgymnasium Hadmersleben fest angestellt. Nur die Arbeitszeit von Nachmittag bis Mitternacht hat ihn zunehmend belastet. "Mit Familienleben war da nicht viel. Meinen dreijährigen Sohn habe ich kaum gesehen", erzählt er.

2011 beschloss er deshalb, sein Hobby zum Beruf zu machen: Organisator und Manager von Spektakeln, Konzerten, Tavernen und Festen rund um das Thema Mittelalter. "Dieses Zeitalter fasziniert mich. Und ich glaube, dass es bei uns, aber vor allem in den neuen Bundesländern noch ein großes Wachstumspotential für Mittelalter-Veranstaltungen gibt", erzählt er. Bereits 1998 hatte er gemeinsam mit einem Partner einen Mittelalter-Laden in Magdeburg-Sudenburg eröffnet. Vormittags im Laden, am Nachmittag im Gymnasium. 2010 zogen die beiden Männer in die ehemaligen Weinarkaden direkt ins Stadtzentrum. "Seitdem läuft der Laden viel besser." Seine Mitarbeit an der Organisation des Kaiser-Otto-Festes in Magdeburg im Herbst 2011 und die positiven Resonanzen darauf halfen mit bei der Entscheidung, die Sicherheitsleine der Festanstellung endgültig zu kappen. Seit Juni 2012 ist Dirk Klocke Chef und Mehrheitsgesellschafter der Eventagentur "Arkardeum". Teilhaber ist Andre Liesegang, Bruder von SCM-Urgestein Sven Liesegang.

Und reichen die Aufträge, um das Familienleben auch finanziell absichern zu können? "Wir sind bis Jahresende in Magdeburg gut mit Veranstaltungen ausgestattet. Und auch 2013 haben wir schon die ersten Verträge abgeschlossen", erzählt der Neu-Manager. So gibt es in einer barock ausstaffierten Markthalle in Magdeburg am 22. Dezember ein vorweihnachtliches Gothic-Konzert, Weihnachtsfeiern für Firmen mit Feuerkunst und rustikalen Schlemmereien und im Wipertihof von Quedlinburg organisiert "Arkardeum" ein Historienspektakel in der Harzstadt. Alles klar, sollte man meinen. "Es läuft. Aber die Ängste kann dir keiner nehmen", drückt Dirk Klocke auf die Euphoriebremse.

Mit knapp einem Jahr Selbstständigkeit ist Nora Wilcke auch noch nicht lang als Unternehmerin unterwegs. Die gebürtige Hannoveranerin hat 2010 an der Universität in Magdeburg ihren Abschluss im Fach Bildungswissenschaft gemacht. Inzwischen lebt sie mit ihrem Freund in Biederitz und unterhält ein kleines Büro in Magdeburg-Buckau.

Die 26-Jährige betreibt Lern-Coaching. Das nötige Rüstzeug hat sie sich beim Verband für neuro-linguistische Verfahren in Bildung und Erziehung e. V. (nlpaed) geholt. "Ich vermittle Kindern und auch Studenten Werkzeuge, wie sie effektiver lernen und Lernängste überwinden können", erzählt sie. Sie gibt keinen Nachhilfeunterricht, sondern versucht in Gesprächssitzungen, positive Lernerfahrungen ins Bewusstsein zu rücken und für die Schule nutzbar zu machen. Das klingt sehr theoretisch, in ihren Sitzungen geht es aber ganz praktisch zur Sache. Ein Beispiel: Ein Schüler bringt sein Diktatheft mit. Ein Wort, das häufig falsch geschrieben wurde, wird in Spielchen als Bild Buchstabe für Buchstabe visualisiert, der falsche Buchstabe wird von einem Zauberkerlchen "rot angemalt" - und bleibt so im Gedächnis als falsch haften.

Bis zu 20 Kinder und Erwachsene suchen inzwischen wöchentlich Hilfe bei Nora Wilcke. Wenn das erste Schulhalbjahr vorbei ist, kommen mehr Schüler, weil die Lernergebnisse in der Schule nicht optimal sind. Ingesamt sind bislang aber Erwachsene - vor allem Studenten - in der Mehrzahl ihre Kunden. Mit Erwachsenen arbeitet sie zum Beispiel zu Themen wie Prüfungsangst oder der Furcht vor Menschen zu sprechen. Eine Sitzung kostet zwischen 30 und 60 Euro.

Nora Wilcke glaubt an ihre berufliche Zukunft - und an ihre ganz persönlich familiäre in Sachsen-Anhalt. "Ich fühle mich hier sehr wohl. Magdeburg ist eine spannende Stadt", sagt sie.