Gürth-Rücktritt  Ohne Groll

Sachsen-Anhalts Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU) hat am Mittwoch offiziell seinen Rücktritt erklärt.

Von Michael Bock 25.11.2015, 20:00

Magdeburg l Gürth zeigte sich in seiner mit leiser Stimme vorgetragenen Rücktrittserklärung sehr selbstkritisch. Nur einmal sprach er von „Falschinterpretationen“ in Teilen der Presse, die er aber nicht weiter kommentieren wolle. Ansonsten gab sich der 53-Jährige reumütig und vermied verbale Rundumschläge: „Ich sehe nicht die Verantwortung bei anderen, sondern bei mir. Ich stehe zu meinen Fehlern.“ Und: „Ich bin nicht vollkommen.“

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hatte gegen Gürth wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt. Das Verfahren wurde vor drei Wochen gegen die Zahlung von 17 000 Euro in die Landeskasse eingestellt.

„Ich bin weder verurteilt noch vorbestraft“, sagte Gürth. „Ich habe Fehler zu verantworten, so dass die Eröffnung eines Verfahrens erst ermöglicht wurde.“ Und: „In eigener Angelegenheit fand ich nicht die richtigen Mittel und Wege.“

Er sei der Entwicklung in der Steueraffäre immer hinterhergehechelt. Das Hase-und-Igel-Rennen habe er aber nicht gewinnen können. Im Umgang mit der Affäre sprach Gürth von einer „kompletten Fehleinschätzung“ seinerseits und davon, dass er „ein Stück weit die Souveränität verloren“ habe.

Der Druck auf Gürth war zuletzt stark gestiegen. Grüne und Linke fordern seit Wochen seinen Rücktritt. Auch in der eigenen Fraktion verlor er an Rückhalt. Die Linke wollte auf der Landtagssitzung im Dezember einen Abwahlantrag stellen. Die Debatte hätte Gürth und das Amt des Landtagspräsidenten weiter enorm beschädigt.

Die Stimmung ist Gürth nicht verborgen geblieben. „Als Parlamentspräsident benötigt man für die Amtsführung mehr als die einfache Mehrheit des Hauses, auch wenn es nur noch vier Monate bis zur nächsten Wahl sind“, sagte er. „Mir wäre eine angemessene Amtsführung nicht mehr möglich.“

Er betonte, dass der Rücktritt aus freien Stücken erfolgt sei. Aus den eigenen Reihen habe ihn niemand zu diesem Schritt gedrängt. Gürth betonte zudem: „Ich werde mich jetzt nicht in die Schmollecke zurückziehen. Ich gehe nicht im Groll und werde nun die Übergabe der Amtsgeschäfte ordnungsgemäß vollziehen.“ Und weiter: „Ich werde ein politischer Mensch bleiben und mich nach einer Pause an anderer Stelle weiter für die CDU und meine Heimat engagieren.“ Landtagsabgeordneter will er bleiben. In seinem Wahlkreis in Aschersleben ist Gürth als Kandidat gesetzt. Am 13. März 2016 wird gewählt. Er sagte: „Wenn ich noch einmal eine Chance bekomme, werde ich mich hinten einreihen.“

Nächsten Dienstag unterbreitet die CDU-Landtagsfraktion einen Vorschlag für die Nachfolge. Die Union hat das Vorschlagsrecht. Im Gespräch sind Gabriele Brakebusch und Dieter Steinecke. CDU-Fraktionschef André Schröder strebt einen „großen Konsens“ im Landtag an. Steinecke, erfahren und jovial, gilt in den anderen Landtagsfraktionen als der „natürliche Kandidat“. Er war bereits von 2006 bis 2011 Landtagspräsident, er kennt das Geschäft aus dem Effeff. Für den neuen Landtag tritt der 71-Jährige nicht mehr an, er kann sich also aus dem Wahlkampf heraushalten. Der neue Präsident soll am 9. Dezember gewählt werden.