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Handwerk Tierpräparator: Ein Mann für alle Felle

Matthias Studte präpariert in Meitzendorf Tierarten aus der ganzen Welt und gehört zu den 38 Tierpräparatoren aus Sachsen-Anhalt.

Von Alexander Rekow 15.06.2018, 01:01

Meitzendorf l Auf dem Hof von Matthias Studte in Meitzendorf blüht das Leben. Ein ländliches Gehöft in der Börde, unweit der Landeshauptstadt Magdeburg. Insekten brummen über das Anwesen. Eine Katze genießt die morgendlichen Sonnenstrahlen auf dem noch kühlen Kopfsteinpflaster. Pflanzen recken sich gen Himmel. Ein kleines Paradies in dörflicher Idylle. Doch hinter einer Tür endet das Leben abrupt. Hier beginnt ein Geschäft mit dem Tod. Doch geht dort kein Bestatter seiner Tätigkeit nach. Hier arbeitet Tierpräparator Matthias Studte mit seinem Kollegen.

Rüdiger Schlenker (58) humpelt zu seinem Arbeitsplatz. Eine Behinderung macht ihm beim Gehen mächtig zu schaffen. Entlang an einer Vitrine, gefüllt mit zahlreichen Tierschädeln. Vom Hamster bis zum Warzenschwein. Vorbei an vielen Fellen, Geweihen und Keilerwaffen. Ein süß-säuerlicher Geruch umgibt seinen Arbeitsplatz. Ähnlich dem Geruch von abgekochten Knochen. Der gelernte Orthopädiemechaniker ist umgeben vom Tod. Er ist der einzige Angestellte von Tierpräparator Matthias Studte (37). „Ich ziehe den Tieren das Fell über die Ohren – mein Chef näht sie dann wieder zusammen“, sagt Rüdiger Schlenker. Das macht Studte aber in einem anderen, wesentlich größeren Raum der Präparationswerkstatt. Ohne den beißenden Geruch der Endlichkeit. Denn hier wird den leblosen Hüllen wieder Leben eingehaucht. Zumindest ein Leben als Ausstellungsstück. Ob im Museum, Zoo oder als Trophäe an der Wand. Denn wenn das Leben eines Tieres endet, fängt die Arbeit eines Tierpräparators an. Ein Beruf, gefühlt im Abseits der Gesellschaft.

Dass Tierpräparator tatsächlich ein seltener Beruf ist, zeigt die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Nur 1100 sozialversicherungspflichtige Präparatoren gibt es im gesamten Bundesgebiet. Davon entfallen 38 auf Sachsen-Anhalt – ohne nur einen Auszubildenden. Bundesweit gibt es immerhin 18 Azubis.

„Ich war als Kind schon sehr naturinteressiert und habe Plastiken modelliert“, erinnert sich Matthias Studte. Schließlich entschied er sich für die dreijährige schulische Ausbildung zum Tierpräparator in Bochum, der einzigen ihrer Art. Ein Jagdschein folgte wenig später. Der Grundstein für sein eigenes Geschäft war gelegt. „Es ist ja auch nicht so, dass einen die Leute die Bude einrennen“, sagt Matthias Studte. Und doch, im Laufe der Jahre hat sich der heute 37-Jährige einen festen Kundenstamm aufgebaut. Wohl auch, weil der Meitzendorfer 2012 als Sieger bei einer Meisterschaft für Präparatoren in der professionellen Klasse hervorging. Zu seinen Kunden zählen Jäger, Schulen oder auch Museen, wie das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle.

Während der Tierpräparator erzählt, kommt Kollege Rüdiger Schlenker hinein: „Die ist ja ganz schön zerbombt“, grummelt er. Gemeint ist das Fell einer afrikanischen Zibetkatze, das gerade von einem Gerber aus Leipzig zugesandt wurde. „Die Felle müssen beim Gerber behandelt werden – wie beispielsweise auch Portemonnaies aus Leder. Einige Löcher vom Gerben hat der 58-Jährige bereits vernäht. „Das passiert“, antwortet sein Chef trocken und zieht das leblose Fell über eine Form aus Hartschaum. Die Formen dazu bekommt er aus dem Internet, erklärt er. In allen Größen und Variationen. „Sieht doch schon ganz gut aus“, befindet der Tierpräparator. Doch Rüdiger Schlenker muss nochmal ran, ein großes Loch ist noch.

Matthias Studter wendet sich einem Nutria zu. Das Tier wirkt, als springe es gleich vom Tisch. Wie das blühende Leben – verraten die Nadeln im Körper nicht, dass der Geist längst entwichen ist. „Mit den Nadeln wird Spannung erzeugt, damit später Muskeln oder Adern zu erkennen sind“, erklärt der Meitzendorfer. Daher muss er ziehen, abstecken, wieder ziehen und nähen, bis das Fell sitzt. Schließlich will er dem Tier Ausdruck verleihen. „Das ist gerade bei Schimpansen richtig schwierig“, sagt Matthias Studter.

Neben der heimischen Fauna präpariert er nämlich auch Tiere aus anderen Teilen der Erde. Gnus und Antilopen aus Afrika, ein Pferd aus der Mongolei oder einen Jaguar aus dem Zoo. Daneben noch zahlreiche Vögel wie Papageien oder Flamingos. Selbst einen Walschädel hat er schon mit Wasserstoffperoxid zu einem Ausstellungsstück gemacht. Ein Museum an der Küste schickte ihm den Kopf.

„Manche Tiere werden in Afrika mit Genehmigung geschossen und kommen dann Wochen später bei mir an“, verrät der 37-Jährige. Kürzlich kam ein Auerhahn aus Schweden und ein Büffelkopf aus Mosambik. Andere wie Mufflons oder Hirsche bringen die regionalen Jäger.