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Landtagspräsident Haseloff in Güssau-Affäre unter Druck

Im Koalitionsausschuss wollen SPD und Grüne am Dienstag mit der CDU Tacheles reden.

08.08.2016, 23:01

Magdeburg l Nach etwas mehr als 100 Tagen im Amt steht die Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen vor ihrer ersten Belastungsprobe. Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann fordert von Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) ein Machtwort zur Zukunft von Landtagspräsident Hardy Peter Güssau (CDU). „Der Ministerpräsident muss sich einschalten. Er ist Teil der CDU-Fraktion, die Herrn Güssau weiter unterstützt“, sagte sie der Volksstimme.

Am Dienstag tagt in der Staatskanzlei der Koalitionsausschuss. Er ist das höchste gemeinsame Gremium der Parteien. Haseloff wollte sich vor der Sitzung nicht äußern.

Nach Informationen der Volksstimme hat Güssau nach dem Bekanntwerden von Fehlern bei der Stendaler Stadtratswahl 2014 versucht, eine Wiederholung der Briefwahl und eine Strafanzeige zu verhindern. Lüddemann warf Güssau am Montag „ein grundsätzliches Missverständnis demokratischer Prozesse“ vor. „Doch statt weiteren Schaden für das Parlament abzuwenden, hat er sich an sein Amt gekettet“, sagte sie. „Ich kann nur hoffen, dass die CDU endlich handelt.“

Güssau hat einen Rücktritt mehrfach ausgeschlossen. Auch die CDU-Fraktion hatte sich vergangene Woche hinter ihn gestellt. Am Montag äußerte sich Fraktionschef Siegfried Borgwardt zurückhaltender. Unter Berücksichtigung des „jetzigen Kenntnisstandes“ habe man dem Landtagspräsidenten das Vertrauen ausgesprochen, sagte er. „Klar haben auch wir Fragen an ihn“, so Borgwardt.

Der CDU-Fraktionschef kritisierte SPD-Landeschef Burkhard Lischka, der vergangene Woche den Rücktritt Güssaus gefordert hatte. „Herr Lischka spricht davon, dass Herr Güssau ‚kein entlastendes Material‘ vorgelegt habe – mit ihm gesprochen aber hat er nicht. Seine Aussagen kann ich deshalb nicht nachvollziehen“, sagte Borgwardt.

Lischka sagte am Montag: „Es ist in erster Linie Aufgabe der CDU, das Problem zu lösen. Ministerpräsident Haseloff steht in der besonderen Verantwortung, dass wir nicht eine monatelange Hängepartie haben, die Schatten auf das ganze Land wirft.“ Lischka entgegnete auf die CDU-Kritik: „Ich werde nicht Dinge schönreden, die nicht schönzureden sind.“ Die Güssau-Affäre sei „eine Belastung für alle“. Und: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das auf Dauer funktioniert.“

Mit Blick auf die bundesweite Berichterstattung über den Landtagspräsidenten heißt es in der SPD, das Land könne seine Imagewerbung eigentlich einstellen.

Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Webel bekannte sich am Montag erneut zu Güssau: „Es ist nach wie vor nicht erwiesen, dass Güssau in eine Vertuschung involviert war. Da steht Aussage gegen Aussage. Das müssen unsere Koalitionspartner zur Kenntnis nehmen.“

Doch diese Sichtweise ist inzwischen in der CDU umstritten. Es sei schwer zu glauben, dass an den Vorwürfen nichts dran sei, sagte einer aus der Landtagsfraktion. Man erwarte ein „Machtwort“ von Haseloff und Webel. „Wer Chef ist, ist Chef. Es muss was passieren. Wir können doch nichts mehr vernünftig abarbeiten, wenn das immer weiter mitschwingt“, so die Kritik. Die Rückendeckung für Güssau von Fraktionschef Borgwardt sei „für viele sehr erstaunlich“ gewesen.