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Hausbesitzer Hin und Her bei den Straßenausbaubeiträgen

Sollen Hausbesitzer künftig von Straßenausbau-Beiträgen entlastet werden? Es geht um Tausende Euro.

Von Jens Schmidt 09.11.2018, 00:01

Magdeburg l Bayern zeigt, dass es geht: Im Juni wurden dort die Straßenausbaubeiträge abgeschafft. Künftig übernimmt die Landeskasse die Kosten von 65 Millionen Euro jährlich. Diese Summe zahlten bislang Hauseigentümer, wenn in der Gemeinde Straßen und Gehweg erneuert werden. Die Initiative ging 2017 von den Freien Wählern aus. Mittlerweile sitzt die Partei mit der CSU in der Regierung. Martin Bayerle aus dem Münchner Innenministerium sitzt am Donnerstag im Magdeburger Landtag - und berichtet Sachsen-Anhalts Abgeordneten. Der Innenausschuss hat zur Anhörung geladen. Die Fraktionen wollen sich eine Meinung bilden - ob und wie das auch in Sachsen-Anhalt funktionieren kann. Im Mai sind Kommunalwahlen. Das Thema wird ein Wahlkampfrenner.

Vor allem interessiert die Gerechtigkeitsfrage: Wer wird befreit? Wer muss in den sauren Apfel beißen und zahlen?

Bayern hat einen Stichtag gesetzt. Den 1. Januar 2018. Alle Bescheide, die danach eintrudelten, wurden für nichtig erklärt. Wer zwischen Januar und Juni schon zahlte, bekommt sein Geld zurück. Wer aber bis 31. Dezember 2017 Geld überwiesen hatte, hat Pech. „In einigen Gemeinden gibt das Ärger“ , räumt Bayerle ein. Es gab auch die Idee, alle Bescheide rückwirkend bis 2014 aufzuheben. Aber das wäre selbst den reichen Bayern zu teuer geworden. Zudem: Es wird immer irgendeinen Stichtag geben. „Die Gerechtigkeitsfrage löst man damit nicht“, sagt Bayerle.

Mit dem Stopp der Beiträge wird also ein Ärgernis abgeschafft - ein neues aber erzeugt. „Das Lager der Bürgermeister in Sachsen-Anhalt ist gespalten“, sagt Andrea Pankrath vom Städte- und Gemeindebund. Die eine Seite sagt: Das System habe sich bewährt, die Einnahmen seien gesichert. Das andere Lager meint: Da die Landespolitik immer wieder mit dem Gedanken spielt, die Beiträge abzuschaffen, fühlen sich Bürgermeister im Streit mit den Bürgern alleingelassen. „Die Bürgermeister bekommen den Frust ab.“

Der Verband privater Hausbesitzer sowie die Genossenschaften haben eine klare Haltung. „Wir sind für die Abschaffung der Beiträge“, sagt „Haus&Grund“-Landeschef Holger Neumann, der bei der Anhörung für beide Verbände spricht. Er bringt neue Argumente ins Spiel. Etwa 30 bis 50 Prozent der Beiträge gehen für Verwaltungskosten drauf. Und: Oft werden die Beiträge erst Jahre nach Abzug der Bagger kassiert. Das sorgt für Ärger, auch für juristischen. Fallen die Beiträge weg, würden nicht allein Hausbesitzer, sondern auch Verwaltungsgerichte deutlich entlastet.

Derzeit zahlen Sachsen-Anhalts Hausbesitzer jährlich gut 10 Millionen Euro Beiträge an die Gemeinden. Etliche Straßen wurden in den 90er Jahren saniert. Sie sind bald wieder an der Reihe: und dann werden wieder Beiträge fällig. Auch in Sachsen-Anhalt waren es die Freien Wähler, die sich mit Unterschriftslisten als erste für ein Beitragsverbot eingesetzt hatten. Dann griff die AfD das Thema auf. Im September schwenkte die SPD um. Die Linke legte jetzt einen Gesetzentwurf vor. Sie geht davon aus, dass ein Investitionsschub ausgelöst wird. Sie kalkuliert daher mit 27 Millionen Euro, die das Land dann jährlich übernimmt.

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sieht die Finanzierung-Methode für noch ungeklärt. „Ich befürchte, dass weniger Straßen gebaut werden.“ Auch die Grünen wollen erst ein klares Finanzmodell sehen, ehe sie sich entscheiden. Wann werden die Beiträge abgeschafft? Keinesfalls vor den Kommunalwahlen, meint die CDU. „Es sind noch viele Fragen offen“, sagt Tobias Krull. Die SPD drückt weiter aufs Tempo. „Für alle Probleme bei einer Systemumstellung gibt es praktikable Lösungen“, findet Innenpolitiker Rüdiger Erben. Für ihn ist klar: „Die Straßenausbaubeiträge müssen fallen!“ Meinung