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Indoor-Spielplätze Die Alternative für schlechtes Wetter

Bei Regenwetter locken überdachte Spielplätze. Die Volksstimme stellt drei Indoor-Plätze vor: in Halberstadt, Thale und Magdeburg.

Von Susann Gebbert 16.11.2017, 00:01

Halberstadt l Bis die ersten Haare an der feuchten Kinderstirn kleben, dauert es nicht mal zehn Minuten. Samira und Chenoa hüpfen wie zwei Flummis auf den Trampolinen des HaWoGe-Spiele-Magazins, eines überdachten Spielplatzes in Halberstadt. Wer springt höher? Wer hat die besseren Figuren drauf? Welches Spielgerät als nächstes erobern? Das sind die einzigen Fragen, auf die es jetzt noch ankommt. Mit Anti-Rutsch-Socken an den Füßen und roten Wangen erkunden sie klatschend und hüpfend Raum um Raum in dem 3000 Quadratmeter großen Gebäude.

Der Indoor-Spielplatz in Halberstadt ist laut der Internetseite www.hallenspielplätze.de einer von zehn in Sachsen-Anhalt. Verglichen mit Nordrhein-Westfalen (161), Baden-Württemberg (71) oder Niedersachsen (67) gehört das Land zu den Schlusslichtern, was die Anzahl an Innenspielplätzen angeht.

Die überdachten Abenteuerräume unterscheiden sich von den Spielplätzen im Freiland vor allem durch ihre Größe. Die sind oft mehrere tausend Quadratmeter groß und beherbergen wie das HaWoGe-Spiele-Magazin Spielgeräte, die Spidertower, Erlebnisrutschen, Funshooter oder Motion Wall heißen.

Es sind riesige Ensembles aus Klettertürmen, Wellenrutschen, Hindernis-Parcours, Bällebädern, Trampolinen, Hüpfburgen, Tunneln und Karussells. Alles ist knallgrün, quietschgelb oder alarmrot. Oft ergänzt von Tischkickern, Tanzräumen, Spielekonsolen oder Gokarts. Als i-Tüpfelchen bringen Brause, Pizza und Burger die schlappen Kinderkörper wieder in Form. Kurzum: ein riesiges Kinderparadies.

Petra und Arne Neubert betreiben auch so ein Kinderparadies: Das Aktiv-Spiel-Haus in Thale. Hier besteigen Kinder am liebsten den fünf Meter hohen Kletterberg oder stürzen sich quiekend die 40 Meter lange Riesen-Wellen-Rutsche hinunter. „Aber es ist auch immer wieder das Trampolin, das die Kids lieben“, sagt Arne Neubert. 2003 bauten er und seine Frau den Indoor-Spielplatz, der damit zu den ersten in Sachsen-Anhalt gehörte.

Die beiden stammen aus Braunschweig und kamen im Urlaub auf die Idee, einen Hallenspielplatz zu eröffnen. Aufgrund der Neurodermitis-Erkrankung ihrer Tochter fuhren sie an die Nordsee. Außer der guten Seeluft gab es dort einen überdachten Spielplatz. Aus dem Urlaub kamen die Neuberts mit der Idee zurück, es selbst zu wagen. Da in Niedersachsen kein Mangel an Spielplätzen ist und sie sich auf Touristen spezialisieren wollten, bauten die Neuberts in Thale und zogen selbst nach Quedlinburg.

Im Unterschied zu den meisten anderen Indoor-Spielpätzen dürfen Kinder ihre Verpflegung selbst mitbringen. „Wir haben gemerkt, dass die Gäste zufriedener sind, wenn wir das nicht verbieten. Die Stimmung ist einfach entspannter“, sagt Arne Neubert. Die hauseigene Gastronomie werde trotzdem genutzt. Anne Stastny bestätigt das. Die Halberstädterin kommt mit ihrem fünfjährigen Sohn regelmäßig ins Aktiv-Spielhaus. Nicht zuletzt, weil sie auch mal Kuchen und Getränke mitbringen können. „Außerdem ist es übersichtlich hier. Ich kann mein Kind fast von überall aus sehen“, sagt sie.

Im Maximax in Magdeburg gilt: Geburtstagskuchen mitbringen ist erlaubt, mehr nicht. Den Indoor-Spielplatz Maximax gibt es in Magdeburg und Schönebeck. Marcel March und Daniel Feldheim betreiben ihn. Das Maximax ist eingebettet in einen Sport- und Freizeitkomplex mit Sportsbar, Fitnessstudio, Bowlingbahn, Sauna und Sportplätzen. Wer hierherkommt, kann entweder mittoben, Kaffee trinken oder nebenan im Fitnessstudio Gewichte stemmen.

Von Hüpfburg über Gokart und Kletterwand bis zum Bullenreiten gibt es auch hier viele Spiele. „Wir wechseln einige Spielgeräte quartalsmäßig aus, um für Abwechselung zu sorgen“, erklärt Marcel March. Er hat einen zehn Monate alten Sohn, der sich auch schon auf Schaumstoff-Ensembles tummeln darf, allerdings im separaten Kleinkindbereich.

Während Samira und Chenoa in dem überdachten Spielplatz in Halberstadt von einem Spielgerät zum anderen hüpfen, schlurfen die Großen mit blauen Plastiktüten über den Schuhen hinterher. Aber es gibt auch die anderen Erwachsenen. Die, die bestens vorbereitet sind auf all die unverhofften Möglichkeiten, mal wieder zu toben, so wie früher. „Guck mal, die haben Tüten an“, ruft ein Kind, dessen Papa mit Jogginghose und Socken neben ihm herjoggt. „Es gibt zwei Sorten von Eltern“, erklärt Tommy Przygoda, Mitarbeiter im Halberstädter Spiele-Magazin. „Die einen setzen sich an einen Tisch, bestellen Kaffee und verlassen den Platz in der Regel auch nicht mehr. Die anderen folgen ihren Kindern und machen alles mit.“ Die Spielgeräte halten auch 80 Kilogramm und mehr aus.

Beate Grebe ist die Chefin von Tommy Przygoda und Geschäftsführerin der Halberstädter Wohnungsgesellschaft (HaWoGe). Am liebsten hat sie das Trampolin. „Beim Trampolinspringen mit meinem Neffen kam mir auch die Idee, hier einen Indoor-Spielplatz zu eröffnen“, sagt sie. Die Wohnungsgesellschaft ersteigerte das ehemalige und denkmalgeschützte Magazingebäude am Ebereschenhof, sanierte es und baute es um. Vorher stellte Beate Grebe eine Gruppe aus Ingenieuren, Kundenberatern und Azubis zusammen, mit der sie überdachte Spielplätze in Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Sachsen besuchte und vor allem – testete.

Im Oktober 2014 öffnete das Gebäude, das früher dem Militär als Lagerort diente und heute ein knallbuntes Paradies aus Schaumstoff, Hartplastik und Gummi ist. Das Besondere beim HaWoGe-Spiele-Magazin ist, dass die Spielbereiche auf mehrere Räume über drei Etagen verteilt sind.

Noch eine Besonderheit: Auch körperbehinderte Kinder können den Spielplatz erobern. Es gibt ein Rollstuhlfahrer-Trampolin und -Karussell, ein Blindenleitsystem und auch die Rutschen eignen sich für alle Kinder.

Samira und Chenoa tanzen inzwischen unter einer Diskokugel zu Techno-Musik. Mal mit ernster Miene, mal kichernd, mal vor lauter Lachen fast auf dem Boden liegend. Auch zwei Diskoräume gibt es im HaWoGe-Spiele-Magazin. „Kinder interessiert es nicht, wie sie dabei aussehen und was die anderen denken. Die tanzen einfach los“, sagt Tommy Przygoda.

Nach zwei Stunden hängen die beiden Mädchen erschöpft an zwei Strohhalmen über einer Brause. Eigene Verpflegung mitzubringen, ist hier streng verboten. „Am Ende schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Kinder sind glücklich und erschöpft, schlafen gut und die Eltern haben einen ruhigen Abend auf dem Sofa“, sagt Beate Grebe und lacht.