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Behörden Kaum Mehrsprachigkeit in Ämtern

Migranten müssen sich in Sachsen-Anhalt oft einen Sprachmittler organisieren, weil kleinere Städten kaum mehrsprachige Leistungen anbieten.

10.06.2017, 14:48

Halle/Stendal (dpa) l Migranten können in den Behörden in Sachsen-Anhalt kaum auf gesteigerte Fremdsprachenkenntnisse hoffen. Viele Kommunen haben zwar Behördenwegweiser oder Formulare übersetzen lassen oder ihren Mitarbeitern in Englisch-Kurse angeboten. Mehrsprachige Serviceleistungen aber gibt es kaum, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in Kommunen ergab. Die Verwaltungen verweisen darauf, dass die meisten Zugewanderten ohne ausreichende Deutschkenntnisse ohnehin einen Dolmetscher mitbrächten. Mamad Mohamad, Geschäftsführer des Landesnetzwerks Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt forderte im Sinne einer Willkommenskultur wenigstens einen Überblick, in welchen Ämtern welche Sprachen gesprochen werden.

Wie viel Bedarf an sprachlicher Unterstützung und Begleitung es gebe, zeige die rege Nachfrage beim Sprachmittler-Projekt des Migrantennetzwerks. Im vergangenen Jahr habe es mehr als 1200 Anrufe bei der Hotline gegeben, um bei Verständigungsproblemen zu helfen. Viele Behördenmitarbeiter hätten zwar Englisch-Kurse absolviert, seien aber bei weitem nicht vertragssicher. Vielfach komme es zu Missverständnissen und wiederholten Behördenterminen, sagte Mohamad in Halle. Niemand stelle die Amtssprache Deutsch infrage. Wichtig sei aber, die Prozesse in den Kommunen zu verkürzen. Laut Mohamad gibt es so gut wie keine Behördenmitarbeiter mit Migrationshintergrund.

Wie sieht es nun in den Kommunen im Land aus?

In STENDAL gibt es den Wegweiser für die Verwaltungsgebäude in arabischer, vietnamesischer, russischer und englischer Sprache. "Darüber hinaus werden die Personen, die keine Sprachkenntnisse haben, aufgefordert, einen Dolmetscher mitzubringen", hieß es aus dem Rathaus. Der Landkreis habe entsprechende Kapazitäten. "Innerhalb der Zuständigkeiten einer Stadtverwaltung ist Mehrsprachigkeit insbesondere im Standesamt, Einwohnermeldeamt und in der Wohngeldstelle wünschenswert, jedoch in der Größenordnung unserer Verwaltung nicht realisierbar", ergänzte ein Stadtsprecher. Es komme darauf an, dass die Zugewanderten schnell die deutsche Sprache erlernen. "Damit erübrigt sich jede Notwendigkeit und der Aufwand, Angebote mehrsprachig vorzuhalten."

Eine Stadtsprecherin in ASCHERSLEBEN sagte, die Mehrheit der Bürger mit ausländischen Wurzeln komme mit der Amtssprache Deutsch sehr gut zurecht. Flüchtlinge könnten sich an die städtische Ausländerbeauftragte wenden. Dort seien Arabisch und Russisch die am häufigsten verwendeten Fremdsprachen. Für Farsi könnten Termine mit einer afghanischen Dolmetscherin vereinbart werden. "Formulare in ausländischen Sprachen hält die Stadtverwaltung nicht vor", sagte die Sprecherin. Englisch-Kurse würden für Mitarbeiter aus den Bereichen Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung angeboten.

WITTENBERG hat mit Schulungen versucht, die Englisch-Kenntnisse von Verwaltungsmitarbeitern zu verbessern. Besonders wichtig seien Fremdsprachenkenntnisse für Mitarbeiter mit häufigem Bürgerkontakt, etwa in den Bürgerbüros, im Stadtordnungsdienst, Ermittlungs- und Vollzugsdienst und bei Wohngeldangelegenheiten. Trotz erster Schulungen gebe es da noch Nachholebedarf, weil bisher nur Grundlagen geschaffen worden seien. "Beim Gro der älteren Mitarbeiterinnen ist der Aufwand, die Sprachkenntnisse zu verbessern, durchaus schwieriger als bei jüngeren Beschäftigten", sagte Stadtsprecherin Karina Austermann.

In HALBERSTADT liegen im Bürgerbüro wie im Standesamt Handreichungen bereit, die in verschiedenen Landessprachen der Bewohner der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber erklären, welche Unterlagen jeweils benötigt werden. Aber auch auf anderen Gebieten hat sich die Stadt gewappnet: "Das Unternehmerbüro ist in der Lage, auf potenzielle Investoren auch in englischer Sprache zuzugehen", erklärte Stadtsprecherin Ute Huch. Für Kitas und Schulen stünden in Zukunft Betreuungsverträge auch in englischer Sprache bereit.

Die Landeshauptstadt MAGDEBURG bietet laut einem Stadtsprecher seit einigen Jahren Englischkurse für alle Mitarbeiter, die Kontakt mit ausländischen Mitbürgern haben. Geschult würden etwa Mitarbeiter von Ausländerbehörde, Sozial- und Wohnungsamt, Jugendamt sowie Schulsekretärinnen und Betreuer in Unterkünften. Spezielle Schulungen gebe es zudem für die Mitarbeiter der Bürgerbüros sowie des Gesundheits- und Veterinäramtes. Über die Hotline 115 könnten Termine für die Bürgerbüros auf Wunsch auch in englischer Sprache vereinbart werden. "Zudem haben wir in vielen Ämtern und Fachbereichen Formulare und Wegweiser in englischer Sprache."

In der Ausländerbehörde in DESSAU-ROSSLAU können sich laut einem Sprecher fast alle Mitarbeiter zumindest in englischer Sprache verständigen. Flyer und Formulare wie Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis seien mehrsprachig verfügbar. Im Sozialamt würden die Mitarbeiter zum Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen geschult.

NAUMBURG hat laut Stadtsprecher Felix Prescher besonders im Zuge der Welterbe-Bewerbung der Saale-Unstrut-Region das Thema Mehrsprachigkeit auf die Tagesordnung gesetzt. Die Mitarbeiter aus dem Bereich Kultur und Tourismus hätten von der Volkshochschule Englisch-Schulungen erhalten. Die neue Homepage der Stadt werde derzeit in Teilen ins Englische übersetzt, später soll Französisch folgen.