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Kenia-Koalition CDU und Grüne streiten weiter

In Sachsen-Anhalts Kenia-Koalition geraten derzeit die Fronten stark aneinander. CDU und Grüne sind im Streit.

Von Michael Bock 16.01.2018, 13:48

Magdeburg l Die Pressemitteilung der Grünen, am Dienstag um 12.24 Uhr verschickt, war zornig formuliert. Überschrift: „Die CDU muss ihre Führungsschwäche in den Griff bekommen.“ Nach der Landtagswahl 2016 seien CDU, SPD und Grüne in eine Koalition getreten mit dem Grundverständnis, ein „Bollwerk gegen rechts“ zu bilden, sagte Landeschefin Susan Sziborra-Seidlitz. Gegen die AfD also. Ein gutes Drittel der CDU-Landtagsfraktion habe dieses Grundverständnis „offenbar aufgekündigt“, fügte sie hinzu.
 

Damit spielte die Harzerin darauf an, dass CDU-Abgeordnete in der Vergangenheit immer mal wieder die Koalitionslinie verlassen und mit der AfD gestimmt hatten. So unterstützte im vorigen August ein Großteil der CDU-Parlamentarier den AfD-Antrag, in einer Kommission linksextreme Strukturen zu untersuchen. Zuletzt, kurz vor Weihnachten, unterstützten elf Abgeordnete aus der Kenia-Koalition in geheimer Abstimmung einen Antrag der AfD, den Grünen-Parlamentarier Sebastian Striegel aus der Parlamentarischen Kontrollkommission abzuwählen. Sie stimmten zu oder enthielten sich. Die Grünen vermuten die Heckenschützen bei der CDU.

„Die CDU-Führung kann keine parlamentarischen Mehrheiten mehr organisieren“, sagte die Grünen-Landeschefin gestern. Und attackierte den CDU-Chef mit scharfen Worten: „Wenn Thomas Webel uns nun angreift, will er in Wahrheit von der eigenen Führungsschwäche ablenken. Als Parteivorsitzender auf Abruf hinterlässt er einen Trümmerhaufen.“ Webel kandidiert im November nicht mehr für den CDU-Parteivorsitz.

Im Zusammenhang mit einem wichtigen Waldflächentausch hatte er zuletzt die Grünen davor gewarnt, „rechtsstaatliche Entscheidungen aus ideologischen Gründen zu blockieren“. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) zum Flächentausch angewiesen, was die Grünen empört. Nach Volksstimme-Informationen hatte Haseloff zunächst eine weichere Formulierung vorgesehen, er wollte Dalbert um den Tausch bitten. Doch Dalbert selbst soll um eine „Anweisung“, quasi einen Befehl, gebeten haben.

Das könnte sie kommenden Sonntag der Parteibasis besser verkaufen. Dann nämlich treffen sich Grünen-Mitglieder zu einem außerordentlichen kleinen Parteitag, um über Zustand und Zukunft der Kenia-Koalition zu diskutieren.

Die Grünen-Fraktionschefin im Landtag, Cornelia Lüddemann, sagte: „Eine so unterschiedliche Koalition wie unsere kann ohne gegenseitiges Vertrauen nicht funktionieren. Dazu gehört, sich nicht ständig in den Zuständigkeitsbereich des Partners einzumischen, sondern ein Mindestmaß an Anstand zu wahren.“ Sie verbitte sich „jede provozierende Einmischung“, sagte sie. „Insbesondere von dem Parteivorsitzenden einer Regierungspartei erwarte ich Konstruktivität.“

Sie nahm Haseloff in die Pflicht: „Vom Ministerpräsidenten erwarte ich auch in diesen Fragen die Ausübung von Richtlinienkompetenz.“ Die SPD schießt sich ebenfalls zunehmend auf Haseloff ein. SPD-Landeschef Burkhard Lischka sagte beim Parteitag vorigen Sonnabend, für kreative Ideen sei Haseloff offensichtlich der falsche Ansprechpartner: „Er verheddert sich viel zu viel im Klein-Klein.“ Der Linken-Abgeordnete Stefan Gebhardt spottete: „Kenia ist zur Scheinehe verkommen.“ Und Haseloff? Der gab vorige Woche beim IHK-Neujahrsempfang ein klares Bekenntnis zur Fortführung der Dreier-Koalition bis zum Jahr 2021.