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Kirchen Glaubensschwund im Lutherland Sachsen-Anhalt

Die Zahl der Christen in Sachsen-Anhalt ist 2017 zurückgegangen. Die evangelische wie auch die katholische Kirche haben weniger Mitglieder.

Von Steffen Honig 21.07.2018, 01:01

Magdeburg l Der seit Jahren andauernde Schrumpfungsprozess der Kirchen geht unvermindert weiter. Dies weisen die gestern veröffentlichten Mitgliedszahlen für 2017 aus. Deutschlandweit zählten die beiden großen Kirchen mehr als 600.000 Mitglieder weniger im Vergleich zum Jahr 2016.

Die Zahl der evangelischen Christen in Sachsen-Anhalt ist im Reformationsjahr 2017 um rund 7000 Menschen gegenüber 2016 zurückgegangen. 1300 Mitglieder betrug der Verlust bei der Evangelischen Landeskirche Anhalt. Die katholische Kirche musste einen Schwund von 1200 Menschen hinnehmen. 

Diethard Kamm, stellvertretender Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), die das Territorium Sachsen-Anhalts, Thüringens sowie Teile Brandenburgs umfasst, konstatiert einen Verlust von jährlich etwa 20 .000 Mitgliedern. Er macht dafür vor allem die demographische Entwicklung verantwortlich.

Kamm verbreitet dennoch Zuversicht: „Die Zahl der neuen Mitglieder ist etwa gleich hoch wie die Zahl der Austritte. Dadurch können wir trotzdem eine stabile Entwicklung feststellen.“ Im Jahr 2017 gehörten demnach 712 .008 Menschen der EKM an. Die Zahl der Kirchenmitglieder sank im Vergleich zum Vorjahr um 20 .831, rund 2,8 Prozent. Gleichzeitig verringerte sich die Zahl der Kirchenaustritte von 7506 (2015) und 5770 (2016) auf 5631 im Vorjahr. Der stellvertretende EKM-Bischof zeigt sich froh darüber, „dass sich die Zahl der Kirchenaustritte wieder entspannt hat.“

Ein echter Mitgliederschub für die Protestanten durch das medial großflächig präsentierte Reformationsfest 2017 ist ausgeblieben. Dennoch macht die EKM durch die Kampagne einen Positiveffekt für sich in Luthers Heimat geltend. Einige Wiedereintritte und Erwachsenentaufen seien mit dem Reformationsjubiläum begründet worden, hieß es. Dies habe den letzten Anstoß für eine Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche gegeben.

Die Neuaufnahmen im Bereich der EKM (5601) speisen sich aus Taufen und Aufnahmen hauptsächlich früher ausgetretener Kirchenmitglieder. Ein Grund für Betrübnis bei der Kirchenleitung: Die Zahl der Taufen ist zurückgegangen – von 5705 noch 2016 auf 5047 im Vorjahr.

Die gleiche Tendenz zeigt sich in der weit kleinere katholischen Kirche. Dort wurden 2016 für Sachsen-Anhalt 388 Taufen verzeichnet. Im Folgejahr ging die Zahl auf 374 zurück. Dafür kehrten mehr Mitglieder der katholischen Kirche den Rücken. 2016 traten 597 Menschen aus, 2017 waren es 631. Den 34 Eintritten und Wiederaufnahmen 2016 stehen 29 im Jahr darauf gegenüber.

Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer, nimmt diese Entwicklung sorgenvoll zur Kenntnis: „Die Anzahl der Kirchenaustritte schmerzt. Sie verbleibt auf einem hohen Niveau.“

Langendörfer: „Die Zahlen zeigen insgesamt, dass wir als Kirche in einer Welt der Individualisierung, der pluralen Religiosität – in einer Welt des Umbruchs – leben.“ Zugleich fordert eine kritisch Reflektion der Arbeit der Kirche. „Wir müssen neue Wege finden, wie wir Menschen erreichen, sie begleiten und ihnen nah sein können.

Deutschlandweit gehörten 2017 noch 54 Prozent der Bevölkerung einer der beiden großen Kirchen an. Die Katholiken liegen im Bundesmaßstab leicht vorn. Noch einmal Bischofskonferenz-Sekretär Langendörfer: „Wir sind dankbar, dass rund 28 Prozent der Bevölkerung in unserem Land zur katholischen Kirche gehören.“

Allerdings gibt es enorme Unterschiede zwischen dem Osten und Westen der Republik. Bedingt durch die restriktive Kirchenpolitik in der DDR, die den Einfluss der Religionsgemeinschaften rigoros zurückgedrängt hat.

Sachsen-Anhalt ist dabei der Ausreißer nach unten: Im Land ist mit rund 18 Prozent nicht einmal ein Fünftel der Bevölkerung kirchlich gebunden.

Zum Kommentar "Kirche im Osten kann quicklebendig sein" von Steffen Honig