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Hauseigentümer wird dem Müllproblem mit Überflutung Herr - Mieter sind überwiegend begeistert Klein Venedig am Hasselbachplatz: Im Innenhof der Sternstraße 29 steht Wasser bis zur Fensterkante

Von Stefanie Dietz und Vivian Krause 19.10.2011, 04:22

Idyllische Ruhe am Teich. Goldfische ziehen leise ihre Bahnen und die Wasserpflanzen wiegen sich im Wind. Die Mieter der Sternstraße 29 können diesen Luxus, dank einer verrückten Idee des Eigentümers mitten in der Innenstadt genießen.

Altstadt l Das Gründerzeithaus in der Sternstraße 29 fällt schon lange auf. Seit seiner Sanierung 1994 erstrahlt die liebevoll, detailreich und äußerst farbig gestaltete Fassade in neuem Glanz. Auch in den Fluren leisteten Restauratoren ganze Arbeit. Den Teich im Innenhof lässt die Frontansicht des Gebäudes indes kaum vermuten. Und im Grunde ist er auch aus einer Not geboren. Ein übles Müllproblem stand Pate für die Idee der Flutung.

Der Hof des Mietshauses, das unweit des Hasselbachplatzes seinen Standort hat, ist komplett umschlossen: Vorder- und Hinterhaus "zäunen" ihn von allen Seiten ein. Über der ersten Etage gelegen, war er bis zum Sommer 2009 von einem Kiesbett bedeckt. Aus der Mitte ragt eine weniger schöne Belüftungsanlage, die der darunter gelegenen Gastronomie dient. Optisch machte der Hof also bis vor Kurzem noch nicht sehr viel her. Ein noch größeres Problem für Mieter und Eigentümer war der Müll, der beinahe täglich dort landete. Zeit für eine Veränderung, befanden die Besitzer.

"Da wir das Hofdach sowieso neu isolieren mussten, hatte mein Mann die Idee mit dem Teich", erzählt Eigentümerin Kirsten Breschke.

Im August 2009 beginnen die Bauarbeiten. Die 147 Dach-Quadratmeter werden komplett neu isoliert, Treppen und Brücken installiert. Nach mehreren Probeläufen besteht die Isolierung den Wassertest und der Teich wird angelegt.

"Für den Teich haben wir nur 3500 Euro zugezahlt", gibt Kirsten Breschke zu Protokoll. Insgesamt investiert das Ehepaar Breschke rund 7000 Euro in die ungewöhnliche Verschönerung des Hinterhofes. Auf die Mieter seien die Kosten übrigens nicht verteilt worden.

Besten Ausblick haben jetzt die Bewohner der zweiten Etage - mit Fenstern direkt auf Teichhöhe. Zu ihnen gehört Bettina Bezzeg, die seit Ende 2007 mit ihren zwei Katzen in dem Haus wohnt und den direkten Vorher-Nachher-Vergleich ziehen kann.

"Optisch macht der Teich wirklich viel her. Mein Besuch staunt auch regelmäßig über den außergewöhnlichen Innenhof", sagt Bezzeg. Sie selbst wurde schon einmal zur Lebensretterin, als sie einen verwirrten Mauersegler aus dem zirka 35 Zentimeter tiefen Wasser holte. Andere Zwischenfälle oder Reinfälle hat es laut Mieterin Bezzeg allerdings noch nicht gegeben.

Dem Stadtteich hinter der Gründerzeitfassade fehlt es augenscheinlich an nichts: Wasserpflanzen und Goldfische bevölkern ihn. Für das leibliche Wohl der Fische sorgen der Hausmeister und ein Zoofachangestellter.

Kurz vor dem ersten Frost ziehen die Fische in ein Winterquartier, Pflanzen und Wasser bleiben. Angst vor überfluteten Wohnzimmern sei unbegründet, beruhigen die Vermieter. Bei Stark- regen sorgen Überlaufanlagen (mit Sieb gegen Fischschwund) für Entlastung. Auch mit Schimmel gebe es bisher keine Probleme - die Isolierung hält.

Gewässer ziehen Mücken magisch an, selbst wenn sie in der Innenstadt liegen. Doch im Gegensatz zu Bettina Bezzeg hat der Mieter Jonas Matthies mit den stechenden Plagegeistern keine Probleme. Auch bei ihm schwimmen die Fische direkt unter dem Fensterbrett.

Er genieße die entspannende Wirkung des Teiches. "Ich mag das angenehm kühle Klima am Wasser gerade an heißen Tagen", schwärmt Matthies.

Das Müllproblem hat sich laut Eigentümerin Kirsten Breschke seit dem Teichbau übrigens enorm verbessert. Nur vereinzelt ärgert sie sich noch über Papier oder Zigaretten, die im Wasser schwimmen.

Insgesamt sind Eigentümer und Bewohner der Sternstraße 29 zufrieden mit den Veränderungen. Beim Betreten ihres Wohnhauses lassen sie den Stadtlärm gerne hinter sich und genießen die Idylle im neu entstandenen Atrium.