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KlimawandelZwischen Dürre und Politik-Frust

Sachsen-Anhalts Bauern müssen sich wegen des Klimawandels auf höhere wirtschaftliche Risiken einstellen.

Von Alexander Walter 22.02.2019, 00:01

Magdeburg l Beim landwirtschaftlichen Unternehmertag der Volks- und Raiffeisenbanken bekommen es die Bauern am Donnerstag noch einmal Schwarz auf Weiß: 2018 war ein Ausnahmejahr – weil viel zu heiß und zu trocken. Fast flächendeckend regnete es im Osten bis zu einem Drittel weniger als üblich. Die Temperaturen lagen 2,5 Grad über dem Mittel, berichtet Agrarmeteorologe Falk Böttcher den mehr als 700 Gästen im Magdeburger Maritim-Hotel.

Die schlechte Nachricht: Wegen des Klimawandels werden solche Ausnahme-Wetterlagen künftig immer mehr zur Regel. Schon Mitte des Jahrhunderts könnte ein Sommer wie 2018 Normalität werden, sagt der Experte des Deutschen Wetterdienstes. Doch es wird nicht einfach wärmer: Die Extreme nehmen insgesamt zu. Außer mit Dürre müssen Landwirte ebenso mit Überschwemmungen, Starkregen oder Frosteinbrüchen im Frühjahr rechnen, so der Meteorologe. Die Botschaft: Mit der sinkenden Berechenbarkeit des Wetters steigt für Landwirte auch das wirtschaftliche Risiko.

Was aber tun? Die Vorschläge des Experten bleiben eher vage. Statt zu pflügen, könnten Bauern Felder etwa mit Mulch abdecken, das schütze die Böden vor Austrocknung. Die geladenen Politiker kommen so leicht nicht davon. Allen voran Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert. Wegen ihrer Prioritätensetzung bei Umweltthemen gilt das Verhältnis zwischen der Grünen-Politikerin und den Bauern im Land als chronisch angespannt.

Bei der folgenden Podiumsdebatte sucht Dalbert ihr Heil in der Offensive: „Wir haben keine Verlässlichkeit mehr das ist doch das Hauptproblem“, sagt sie. Gemeint sind weder der Klimawandel noch die Politik im eigenen Haus. Die Kritik geht an die Adresse Brüssels. Dass die EU nach mehreren Reformvorschlägen Deutschlands etwa nochmals schärfere Auflagen für die Düngung verlangt, „hat uns genauso wenig gefreut wie die Bauern“, sagt Dalbert. CDU-Europaabgeordneter Sven Schulze bemüht sich um Aufklärung: Wegen der hohen Nitratbelastung deutscher Gewässer durch zu viel Dünger habe die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. „Nachzubessern ist eine Aufgabe, die Deutschland zu leisten hat.“

Bauernverbands-Präsident Olaf Feuerborn hält dagegen: „Es ist eine Frechheit, was man hier mit uns macht.“ Mit der für 2020 geplanten, neuerlichen Verschärfung der Düngeregeln würden die Erträge für Sachsen-Anhalts Bauern sinken, sagt er.

Dabei würden neue Auflagen nichts bringen: Die hohe Nitrat-Belastung vieler Gewässer stamme noch aus DDR-Zeiten, sagt Feuerborn. Vor allem niedrige Niederschläge sorgten dafür, dass die Belastung bis heute hoch bleibt.

Am Ende darf auch das Thema Glyphosat nicht fehlen. Erst vor gut einem Jahr hatte die EU die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels um weitere fünf Jahre verlängert. Es steht im Verdacht krebserregend zu sein. Befürworter begründen den Einsatz auch damit, dass Glyphosat häufiges Pflügen überflüssig macht und die Böden so vor Wasserverlust schützt.

Dalbert versucht sich auch hier als Partner der Bauern: Position der Grünen sei es von Anfang an gewesen, die Zulassung des Wirkstoffs noch einmal um drei bis fünf Jahre zu verlängern – wenn auch an ein konkretes Ausstiegsszenario geknüpft, sagt sie. So ganz nehmen ihr die Bauern die Rolle aber nicht ab. Als Dalbert am Ende den Moderatorensatz: „Um bei den Bauern im Osten zu punkten, müssen die Grünen ...“ mit den Worten ergänzt: „...ihre Politik wie bisher fortsetzen“, erntet sie gar Pfiffe. Die Ministerin lächelt darüber hinweg.