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Kliniken Eskalation bei Ameos kommt

Seit Anfang November kämpfen Mitarbeiter der Ameos-Kliniken im Salzlandkreis und in der Börde für mehr Geld.

Von Enrico Joo 17.01.2020, 00:01

Magdeburg l Im seit Anfang November andauernden Arbeitskampf an den Ameos-Kliniken an den Standorten Aschersleben, Bernburg, Haldensleben, Schönebeck und Staßfurt steht ein unbefristeter Streik kurz bevor. Gestern hat die Gewerkschaft Verdi am Standort in Aschersleben mit der Urabstimmung unter ihren Mitgliedern begonnen. Die anderen Standorte folgen in den nächsten Tagen. Die Urabstimmung soll am 22. Januar beendet sein. Eine Zustimmung zum unbefristeten Streik gilt als realistisch. Das könnte dazu führen, dass der Arbeitgeber Ameos seine Drohungen wahr macht und beginnt, Abteilungen und ganze Krankenhäuser zu schließen. 800 der insgesamt 3900 Mitarbeiter könnten gekündigt werden. „Es wird eskalieren“, sagte ein Betriebsrat eines Ameos-Klinikums, der anonym bleiben möchte.

Im November hatte die Gewerkschaft Verdi an den Ameos-Standorten Aschersleben, Bernburg, Haldensleben, Schönebeck und Staßfurt erstmals zu Warnstreiks unter den Pflegekräften aufgerufen. Die Gewerkschaft fordert für die Mitarbeiter eine Angleichung der Löhne auf Tarifniveau. Im Durchschnitt verdienen Krankenschwestern und Pfleger in den Ameos-Kliniken 500 Euro weniger als zum Beispiel in Magdeburg.

Die Löhne sind seit 2012 eingefroren. Kurz darauf schloss sich auch die Gewerkschaft Marburger Bund als Vertreter der Ärzte den Warnstreiks an. Auch Ärzte verdienen im Salzlandkreis und in der Börde bei Ameos bis zu 15 Prozent weniger als in anderen Krankenhäusern.

Die Geschäftsführung von Ameos reagierte auf die Warnstreiks mit der Vorlage eines selbst betitelten „Zukunftspaketes“. In diesem bot Ameos seinen Mitarbeitern Gehaltssteigerungen bis 2024 um ingesamt neun Prozent. Dazu gestaffelt insgesamt 1100 Euro an Sonderzahlungen. Kündigungsschutz würden die Mitarbeiter dabei nur bekommen, wenn sie in eine neue Betriebsgesellschaft wechseln. Verhandlungen mit den Gewerkschaften lehnt der Arbeitgeber hingegen rigoros ab. 85 Prozent der Beschäftigen müssten das interne Paket unterschreiben. Anderenfalls würde Ameos bei anhaltenden Streiks beginnen, Stellen zu streichen. Bis jetzt haben 20 Prozent das Zukunftspaket unterschrieben.

Im Dezember entließ Ameos 14 Mitarbeiter fristlos an allen Standorten. „Aufgrund des unakzeptablen und respektlosen Verhaltens gegenüber Patienten, Mitarbeitern und Vorgesetzten, der wiederholten Vorkommnisse, die Sicherheit der Patienten, der Qualität der Arbeit und dem Ansehen des gesamten Klinikums massiv schaden, ist das Vertrauensverhältnis (...) massiv gestört“, hieß es zur Begründung. Erlösausfälle durch die Warnstreiks würden Ameos dazu zwingen, zu reagieren. Verdi und Betriebsräte kritisierten die Kündigungen und vermuten einen Zusammenhang mit den Warnstreiks. „Der Ruf von Ameos ist komplett ruiniert“, sagte ein Betriebsrat.

Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass am Ameos-Krankenhaus in Aschersleben Holger Waack – ein Oberarzt der Urologie – freigestellt wurde. „Ich war der Geschäftsführung ein Dorn im Auge. Es hat etwas mit dem Engagement bei den Streiks zu tun“, sagte er der Volksstimme. Ameos begründete die Freistellung mit einem arbeitsrechtlichen Vorfall. Sowohl Holger Waack als auch alle anderen fristlos entlassenen Mitarbeiter werden auf Anraten der Betriebsräte sich vor dem Arbeitsgericht gegen die Kündigungen wehren.

Vor einer Woche hatte sich die Ameos-Geschäftsführung nach Einladung von Markus Bauer (SPD), Landrat des Salzlandkreises, mit den Betriebsräten in Bernburg getroffen. In einer mehr als dreistündigen Gesprächsrunde hatte Ameos den Betriebsräten ein Angebot gemacht. Ameos sicherte Gesprächsbereitschaft beim Zukunftspaket zu. Es könne über die Höhe der Gehaltserhöhungen gesprochen werden, genauso wie über die Sonderzahlungen und den Zeitpunkt der Umsetzung. Ein Kündigungsstopp wurde zugesichert, die Kündigung von 14 fristlos entlassenen Mitarbeitern könne geprüft werden. Dieses Angebot schlugen die Betriebsräte am Mittwoch aus. Sie wollen sich nicht in den Tarifkonflikt einmischen. Verhandlungen seien Sache der Gewerkschaften.

Lars Timm, Regionalgeschäftsführer bei Ameos Ost, findet die Entscheidung der Betriebsräte „sehr, sehr bedauerlich. Für die Belegschaft ist das ein Schlag ins Gesicht. Damit ist ein Horrorszenario entstanden.“ Der Kündigungsstopp sei aufgehoben, die Prüfung der 14 fristlosen Kündigungen im Dezember habe sich erledigt.