Koalition AfD erwägt schärfere Sozialverband-Kontrollen
Die Debatte um mehr Prüfrechte für den Landesrechnungshof geht in die nächste Runde. Die CDU erwartet Einigung innerhalb der Koalition.
Magdeburg l Im koalitionsinternen Streit um erweiterte Prüfrechte für den Landesrechnungshof rechnet der CDU-Fraktionsvorsitzende Siegfried Borgwardt mit einer Einigung. Die Union will eine stärkere Kontrolle der Wohlfahrtsverbände – also beispielsweise der Arbeiterwohlfahrt, der Lebenshilfe, der Caritas oder der Diakonie – im Land erreichen. Doch der Koalitionspartner SPD legt sich quer.
In einem gestern vorgestellten Beschluss der CDU-Landtagsfraktion heißt es: „Im Sinne der Transparenz sollen dem Landesrechnungshof überall dort Prüfrechte eingeräumt werden, wo das Land Leistungen finanziert.“ Steuergelder dürften nicht für andere Zwecke als die vorgesehenen missbraucht werden.
Borgwardt ist zuversichtlich, dass sich Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) in dieser Frage bewegt. Schließlich habe ihr Haus bereits signalisiert, sich nicht gegen Maßnahmen zu sperren, die zu mehr Transparenz führen würden. Allerdings: Erweiterte Prüfrechte für den Rechnungshof lehnt die Ministerin bislang strikt ab. Auch die SPD-Landtagsfraktion ist dagegen. Der Landtagsabgeordnete Andreas Steppuhn erklärte über Twitter, dazu gebe es „keinen Anlass“. Fälle aus anderen Bundesländern als Beispiele heranzuziehen, sei „unredlich“. Die SPD-Landtagsfraktion lehne es ab, „alle Träger im Land unter Generalverdacht zu stellen“.
Die Linke ist dagegen für mehr Prüfrechte des Rechnungshofs, die Grünen zeigen sich offen dafür.
Indes zeichnet sich eine Kehrtwende bei der AfD ab. Diese hatte zunächst betont, mehr Prüfrechte für den Rechnungshof seien „nicht erforderlich“. Der Prüfauftrag werde „voll umfänglich“ durch die Sozialagentur abgesichert. Gestern nun erklärte der AfD-Landtagsabgeordnete Ulrich Siegmund, seine Fraktion werde die Angelegenheit neu bewerten. Es sei „nicht mehr völlig ausgeschlossen“, dass nun auch die AfD für mehr Kontrollbefugnisse des Rechnungshofs eintreten werde.
Siegmund begründete den Sinneswandel mit Skandalen bei der Arbeiterwohlfahrt in anderen Bundesländern. Momentan laufen Ermittlungen gegen Verantwortliche der Awo Kreisverbände in Frankfurt und Wiesbaden. Ihnen werden Betrug und Untreue vorgeworfen. Zwei Frauen und vier Männer sollen die Stadt Frankfurt im Zusammenhang mit dem Betrieb von zwei Flüchtlingsunterkünften betrogen haben.
Dabei seien Personalkosten im hohen sechsstelligen Bereich falsch abgerechnet worden. Zum anderen sollen die Verantwortlichen die Awo betrogen haben, indem sie ungerechtfertigte Honorare vereinbart und entgegengenommen haben sollen.
In nichtöffentlicher Sitzung des Landtags-Sozialausschusses wurde indes am Mittwoch nach Volksstimme-Informationen darüber informiert, dass es gegenüber der Lebenshilfe Magdeburg eine Rückforderung in Höhe von rund 100.000 Euro gebe. Grundlage soll die Prüfung der Jahre 2018 und 2019 durch die Sozialagentur sein. Dem Vernehmen nach bezieht sich die Rückforderung auch auf Personalstellen, die zwar gemeldet, aber nicht besetzt worden seien. Aus dem Sozialministerium hieß es dazu lediglich: „Der Prüfungsvorgang bei der Lebenshilfe Magdeburg ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Daher kann keine Auskunft erteilt werden.“
Bereits voriges Jahr waren Vorwürfe bekanntgeworden, dass die Lebenshilfe zwischen 2014 und 2016 Geld fürs Personal zweckentfremdet verwendet haben soll. Lebenshilfe und Sozialministerium weisen das vehement zurück.