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Prozess am Magdeburger Landgericht um Schmerzensgeld wegen angeblichen Foulspiels beim Spiel Derenburg gegen Wasserleben Körperverletzung vorm Fußballtor: Zwei Vereine, zwei Meinungen

Von Oliver Schlicht 16.02.2013, 02:23

Magdeburg l Vor der Zivilkammer des Magdeburger Landgerichtes hat gestern der Prozess um eine angebliche Körperverletzung bei einem Fußballspiel im Landkreis Harz begonnen. Insgesamt acht Zeugen wurden von Richterin Caroline Limbach am ersten Prozesstag aufgerufen. Darunter auch der Schiedsrichter der Begegnung.

Bei dem Spiel hatte sich am 30. Juli 2011 der Torwart des SV Eintracht Derenburg bei einem Zusammenstoß mit einem Feldspieler des gegnerischen TSV 09 Wasserleben so schwer verletzt, dass er zehn Monate arbeitsunfähig war. Er erlitt mehrere Schien- und Wadenbeinbrüche. Torwart Tino Bänecke wirft nun Gegenspieler Christian Riemer vorsätzliche Körperverletzung vor und verlangt Schmerzensgeld und Verdienstausfall in Höhe von insgesamt 15500 Euro.

Bei der Zeugenvernehmung zeigte sich, dass die Sichtweise auf die Ereignisse stark davon abhängig zu sein scheint, ob der jeweilige Zeuge aus Derenburg oder Wasserleben kommt. Doch zunächst wurde der Schiedsrichter der Begegnung nach seiner Sicht der Ereignisse befragt. Wolfgang R., 55-jähriger Maurer aus Veckenstedt, sagte: "Da war nichts. Nichts, keine Karte. Der Torwart hat geschrien, deshalb habe ich das Spiel unterbrochen. Davor war kein Regelverstoß." Der beklagte Christian Riemer sei auch nicht mit ungewöhnlicher Härte vorgegangen. "Ich war auch mal Torwart. Da bin ich öfter mit einem blauen Auge nach Hause gekommen", so der Schiedsrichter, der auf Nachfrage bestätigte, Mitglied beim TSV 09 Wasserleben zu sein, dem Verein des Beklagten Riemer. Dennis B., Kraftfahrer aus Derenburg und Zuschauer der Partie, sagte dagegen, der Feldspieler sei mit gestrecktem Bein in den Torwart reingerutscht. "Da war der Ball schon lange weg", so der 39-Jährige. Ähnlich äußerte sich Dominik B., Mitspieler von Torwart Bänecke bei Eintracht Derenburg. Der 29-jährige Straßenwärter aus Derenburg sagte: "Erst hat der Torwart den Ball gespielt, dann kam der Tritt. Dazwischen waren etwa zwei Sekunden vergangen." Riemer hätte keine Chance gehabt, den Ball zu erreichen. "Die Situation war gegessen. Da muss man nicht mehr so hingehen", so der Fußballer.

Die Wasserlebener Zeugen wollen dagegen allesamt nicht gesehen haben, dass der Ball bereits vor dem Zusammentreffen der beiden Spieler vom Torwart weggeschossen worden war. Fußballer Nick F. sagt, "die sind beide gleichzeitig zusammengeprallt und liegengeblieben. Der Ball war zwischen den beiden." Martin (24), Bruder des Beklagten und ebenfalls Spieler bei Wasserleben, hat beobachtet, dass beide stehend auf einandergeprallt sind, der Ball dazwischen. "Dann kam ein Pressschlag und beide sind umgefallen." Benjamin B., 22 Jahre alter Elektroniker aus Wasserleben, hat auch gesehen, dass beide gleichzeitig am Ball waren. "Den Ball hat der Torwart vielleicht eine Zehntelsekunde früher getroffen", glaubte er.

Die Anwälte von Kläger und Beklagtem hatten wegen der widersprüchlichen Aussagen viele Nachfragen - ohne wirklich die Widersprüche aufklären zu können. Richterin Limbach war mehrfach bemüht, die körperliche Lage des Torwarts beim Zusammentreffen der Spieler zu klären. Auch dies gelang kaum: Laufend, rutschend, stehend, fallend, liegend - die Aussagen variierten erheblich.

Am 1. März wird der Prozess mit Zeugenbefragungen fortgesetzt. Über den Urteilsspruch wird die Volksstimme später informieren.