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Lobbyismus Korruption in Sachsen-Anhalt möglich?

Einflussnahme und Korruption stehen berechtigter Interessensvertretung gegenüber. Wird dieser Grat auch in Sachsen-Anhalt übertreten?

Von Martin Weigle 01.07.2020, 01:01

Magdeburg l Der Skandal um Phillip Amthor und seine unredliche Einflussnahme für ein amerikanisches Unternehmen beschäftigt derzeit Medien, Regierung und Organisationen zur Vermeidung von Korruption. Findet Lobbyismus nur auf der großen Bühne, der Bundespolitik statt, oder gibt es diese Einflussnahme auch auf unteren Ebenen? Norman Loeckel von Transparency International Deutschland hat dazu eine klare Meinung: „Die großen Geschäfte finden sicherlich auf Bundesebene statt, das hängt vor allem damit zusammen, dass einflussreiche Gesetzgebung hauptsächlich von der Bundesebene  ausgeht." Die Bundesgesetze seien weitreichender und deshalb lohnt sich die Einflussnahme dort mehr, erklärt der Experte.

Sicher können die Landesregierungen über den Bundesrat ebenfalls Einfluss auf die Bundesgesetze nehmen, „aber rund 80 Prozent der Gesetzesvorlagen kommen von der Bundesregierung", so Loeckel. Außerdem finde die eigentliche Einflussnahme bereits viel früher statt. „Die Lobbyisten beschäftigen sich bereits mit der Vorlage, bevor der Referentenentwurf des jeweiligen Ministeriums in den Bundestag eingebracht wird", berichtet Loeckel. Eine Beeinflussung der Gesetzgebung im Bundesrat könnte für Interessensgruppen dann bereits zu spät sein.

Für Sachsen-Anhalt liegen bei Transparency International Deutschland keine Erkenntnisse über Lobbyismus vor. Das hat mehrere Gründe, wie Norman Loeckel berichtet. Zum einen recherchieren investigative Medien weniger auf Landesebene, zudem hat die Nichtregierungsorganisation (NGO) derzeit aus Personalgründen in Sachsen-Anhalt keine Vertretung. Hinzu kommt, dass die Zahl an Großunternehmen mit umfangreicher Lobbytätigkeit überschaubar ist.

„Das soll aber nicht heißen, dass es keine Einflussnahme oder Korruption auf dieser Ebene gibt", schränkt Loeckel ein. Die Grenze zwischen rechtlich zulässiger Einflussnahme und Korruption sei sehr schmal. Vor allem auf kommunaler Ebene werden Verabredungen zwischen Politik und Wirtschaft häufiger getroffen.

„Es gibt viele Beispiele wie bei Vergabeverfahren doch der Bekannte des Bürgermeisters den lukrativen Auftrag im Ort bekommt", sagt Loeckel. So gebe es aktuell in Mecklenburg-Vorpommern Aufträge, die überprüft werden, weil bei der Vergabe geschummelt wurde. „Am bekanntesten ist aber vermutlich der „Kölner Klüngel", so Loeckel.

In Sachsen-Anhalt könnten solche Vorgänge eingeschränkt werden, wenn es ein Transparenzgesetz geben würde. Ein solches Gesetz verpflichtet unter anderem dazu, öffentliche Aufträge und deren Vergabe für jedermann proaktiv, also unaufgefordert und selbstständig, einsehbar zu machen. In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit lediglich ein Informationsfreiheitsgesetz. Das Gesetz erlaubt es jedermann theoretisch einen Antrag auf Offenlegung von Verträgen zu stellen. Dieses ist nach Loeckels Meinung aber nicht gut ausgestattet und zu lückenhaft, um Korruption bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen zu vermeiden.

Sachsen-Anhalt belegt im 2017 bundesweit erhobenen Transparenzranking den zehnten Platz. Transparenzgesetze gibt es derzeit lediglich in Hamburg, Berlin, Thüringen und Rheinland-Pfalz.