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Einheitsvertrag Krause lobt sein Einheits-Tempo

Für ihre Festveranstaltung zum Mauerfall hat die CDU-Landtagsfraktion mit dem früheren Stasi-Knast in Magdeburg einen symbolträchtigen Ort gewählt. Die Debatte über DDR-Unrecht überlagert dabei die Erinnerungen an den Weg zur deutschen Einheit.

Von Steffen Honig 08.11.2014, 02:09

Magdeburg l Günther Krause trägt den Einheitsvertrag mit sich herum wie Buchautoren einen Bestseller. Dieses Werk, für das Krause gemeinsam mit dem damaligen Bundesminister Wolfgang Schäuble verantwortlich zeichnete, war sein politisches Examen. Es bildete die Grundlage für den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik und regelte das Leben der Ost-Bürger 1990 völlig neu. Krause steckte dafür manches Lob ein. Und viel, viel Schelte.

Heute ist der gebürtige Hallenser darüber erhaben. Der 62-jährige CDU-Politiker findet, dass die Einheit ganz gut gelungen sei. Der Vertrag dafür sei unter hohem Druck entstanden. "So gut wie möglich, so schnell wie nötig" sollte das einige Deutschland geschaffen werden. "Wir wussten damals durch die Geheimdienste von den Zerfallserscheinungen in der Sowjetunion", sagt Krause. Ohne den Segen aus Moskau wäre die deutsche Einheit aber nicht zustande gekommen. Auch deshalb musste es schnell gehen. Zu schnell, wie viele DDR-Bürger fanden, als sie mit den Ergebnissen des Einigungsvertrages konfroniert wurden.

Krause weiß um die Defizite. "Wir haben 5500 Regelungen vereinbart, von denen aber nur 3500 umgesetzt wurden." Der Vertrag sei rechtsstaatlich weitgehend in Ordnung, aber in der Umsetzung mangelhaft gewesen." Als Beispiel nennt er den Artikel über die Außenwirtschaftsbeziehungen, worin es heißt, dass der DDR-Osthandel Vertrauensschutz genießen würde. Daraus wurde bekanntermaßen nichts.

Für den studierten Ingenieur ging es zunächst politisch steil nach oben: Er wurde erster Ost-Minister der Bundesregierung, zunächst ohne Spezialgebiet, dann für das Verkehrsressort. Krause (Spitzname "Sause-Krause") ist stolz auf von ihm initiierte Beschleunigungsgesetze, die Straßenneubauten in einer Geschwindigkeit möglich machten, die heute undenkbar erscheint. 1993 allerdings musste Krause seinen Posten vorzeitig wegen der "Putzfrauen-Affäre", bei der es um die Bezahlung einer Haushaltskraft ging, räumen. Er arbeitet heute unter anderem als Honorar-Professor.

Gerd Gies, erster Ministerpräsident des im Herbst 1990 wiedergegründeten Landes Sachsen-Anhalt, lässt die große Politik außen vor und verlegt sich auf seinen eigenen politischen Werdegang in der Ost-CDU. Der sei ein Mittel gegen die Vereinnamung durch die SED gewesen.

Der Stendaler erklärt, dass allerdings die politische Bedeutung der "sogenannten Blockpartei" CDU "gegen null ging". Über die bewegten aufregenden Monaten 1989/90 sagt der Tierarzt: "Es war die schönste Zeit in meinem Leben."

Die meisten der mehr als 50 Besucher erinnern sich angesichts der bedrückenden Umgebung der Stasi-Haftanstalt am Magdeburger Moritzplatz an ihre schlimmste Zeit im Leben, die sie zum Teil in den benachbarten Zellen zubringen mussten.

Die hochgekochte Debatte um den Unrechtsstaat DDR ist für viele hier überflüssig. "Die DDR war kein Unrechtsstaat, sie war ein Verbrechensstaat", erklärt Johannes Rink vom Verband der Stalinismusopfer. Auch wird im Saal Unmut über die unzureichenden Entschädigungen für die DDR-Opfer laut. Krause erklärt, dass die Rehabilitation zu dem gehöre, was aus dem Einigungsvertrag nicht komplett umgesetzt wurde.

Dass es im Publikum kein Verständnis für das geplante Rot-Rot-Grün-Bündnis in Thüringen gibt, versteht er. Leider sehe die Verfassung nicht vor, dass die stärkste Partei die Regierung stellen müsse. "Ich wünsche Ramelow alles Gute", sagt Günther Krause gelassen lächelnd, "er wird nicht lange durchhalten."