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Nach Skandal um Hausmüll in Tongruben von Möckern und Vehlitz droht neuer Ärger Landesbehörde stoppt Müll-Lieferungen

16.08.2013, 01:12

Burg l Eine neue Müllaffäre im Jerichower Land? Die Betreiber einer Deponie bei Burg sollen Tausende Tonnen Müll-Schlacke illegal gelagert haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, die Beschuldigten schweigen, der Landkreis gibt sich wortkarg.

Bei einer Kontrolle im Mai haben Mitarbeiter des Landesverwaltungsamtes und des Landkreises Jerichower Land in der Deponie Reesen mehr als 50 000 Tonnen Müll-Schlacke entdeckt, die dort offenbar illegal gelagert wurde. Das geht aus einer "Fachaufsichtlichen Weisung" des Landesverwaltungsamtes hervor, die der Volksstimme vorliegt. Demnach erließ das Amt nach dem Fund einen sofortigen Annahmestopp von Abfällen.

Auf Nachfrage bestätigte die Staatsanwaltschaft Stendal, dass sie gegen die Deponiebetreiber Ermittlungen aufgenommen hat. Oberstaatsanwältin Brigitte Strullmeier erklärte, es liefen zwei Verfahren. Eines aufgrund des Schlacken-Fundes in der Deponie, ein weiteres wegen einer anonym gestellten Anzeige.

Die Hintergründe zu den Vorgängen in Reesen lassen sich bislang schwer durchschauen - zumal die Beschuldigten schon seit Wochen schweigen. Bekannt ist, dass in der Deponie seit 2009 mineralische Reststoffe wie Bauschutt gelagert werden. Zuvor befand sich auf dem Gelände ein Sandtagebau. Betrieben wird die Deponie seither von der Deponie Reesen GmbH mit Sitz in Burg. Pikanterweise ist auch das Land Sachsen-Anhalt an der Firma beteiligt. Die landeseigene Mitteldeutsche Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft (MDSE) hält 45 Prozent der Anteile am Unternehmen.

Ärger zur Unzeit

Seit mehr als einem Jahr beabsichtigt nun die Deponie, mit einem angeblich neuartigen Verfahren auch aus Hausmüll-Schlacken Wertstoffe zu gewinnen. Dabei handelt es sich um Reste, die bei der Verbrennung des Abfalls übriggeblieben sind. Um das Projekt zu realisieren, kooperiert die Deponie mit der Mitteldeutschen Schlacke Union (MDSU). Die private Firma, ebenfalls mit Sitz in Burg, will künftig die Aufbereitungsanlage für Schlacken in Reesen betreiben. Politisch sorgte das Vorhaben bereits für Ärger. Ende Juli hegte der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Dietmar Weihrich, den Verdacht, dass es dem Deponie-Betreiber nicht um das Recyceln von Wertstoffen geht, sondern darum, die Schlacke einzulagern, um die Deponie besser auszulasten.

Für Weihrich hat das Vorhaben in Reesen zudem Brisanz, weil die Müllöfen in Sachsen-Anhalt schon Verträge mit anderen Deponien haben, der Müll-Import aus anderen Bundesländern zunehmen würde. Und mit der Firmenbeteiligung würde das Land daran auch noch mitverdienen.

Die landeseigene Investitionsbank geht hingegen davon aus, dass in Reesen tatsächlich ein innovatives Verfahren für das Recyceln von Schlacke entwickelt wird. Dem Anlagenbetreiber MDSU stellte sie bereits knapp drei Millionen Euro Fördergelder sowie ein Darlehen über 1,5 Millionen Euro bereit.

Der juristische Ärger dürfte nun zur Unzeit kommen. Der Landkreis Jerichower Land betonte bislang immer, dass die Deponie im Besitz aller erforderlichen Genehmigungen ist. Erst nachdem die Volksstimme von dem Schlacken-Anlieferungsstopp des Landesverwaltungsamtes erfahren hat, bestätigte auch das Büro von Landrat Lothar Finzelberg den mutmaßlich illegalen Fund.

Für den Landkreis ist es nicht der erste Ärger um eine Deponie. So wurden 2008 in den Tongruben Möckern und Vehlitz 1,3 Millionen Tonnen Hausmüll illegal entsorgt.