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Landesgartenschau Mit Herz und Verstand Gäste begleiten

Monika Ostermann aus Burg führt ehrentamltich Besucher über die Landesgartenschau. Für sie ist es der tollste Beruf der Welt.

Von Bernd Kaufholz 29.05.2018, 01:01

Burg l „Mein Name ist Monika Ostermann. Ich möchte sie heute ganz herzlich auf der Landesgartenschau in der Stadt der 1000 Türme begrüßen“, empfängt die Gästeführerin elf Mitarbeiter der Kreissparkasse Jerichower Land am Haupteingang der Laga zum Goethepark.

Ein feststehendes „Begrüßungsritual“ habe sie nicht, sagt die 63-Jährige. „Meine ersten Worte sind spontan. Ich habe so viel Lebenserfahrung, dass ich die richtige Ansprache finde“, so die ehemalige pädagogische Mitarbeiterin einer Genthiner Arbeitsvermittlung.

„Die Führung durch die vier Laga-Bereiche und die Altstadt wird etwa zwei Stunden dauern, und wir beginnen im Goethepark ...“

Zwei große Klassen mit Gästeführer-Schülern hatten sich auf ihren Einsatz im Grünen vorbereitet. „Es gab einen ganz schönen Wettbewerb zwischen uns“, erinnert sich die Frau in der weißen Bluse mit dem bunten Laga-Logo.

Am Anfang habe sie gedacht: Burg, die Stadt kenne ich doch wie meine Westentasche. Doch ihre Meinung habe sie schnell revidieren müssen. „Wir erfuhren viel Neues – zum Beispiel über die Laga-Bewerbung und die Geschichte Burgs. Wir haben das Konzept der Landesgartenschau kennengelernt und bei Rundgängen die künftigen Laga-Bereiche.“ Da noch alles im Entstehen war, sei Vorstellungskraft gefragt gewesen. „Der Heimatverein hat uns mit der Historie der Stadt vertraut gemacht und jeder Teilnehmer hat sich bemüht, immer auf dem Laufenden zu sein. Abschluss des Kurses waren eine mündliche und eine schriftliche Prüfung.“

Erster Halt nach zehn Metern. Monika Ostermann erzählt mit dem Bahnhof im Rücken etwas über die Bahnlinie der Roland-Stadt nach Berlin und darüber, dass Burg Garnison-Stadt war. „Dort drüben“, zeigt sie zum Bahnhofsgebäude, „wurde exerziert.“

Die Frau, die seit 1994 im Jerichower Land lebt und 2011 nach Burg zog, betreut Gruppen bis zu 25 Besuchern. Sie liebt die Natur. Als sie noch auf dem Lande lebte, habe sie einen Garten gehabt, sagt sie, heute gehe sie am liebsten am Elbe-Havel-Kanal entlang. „Oder ich setze mich unter einen Baum und höre den Vögeln beim Zwitschern zu.“

Ihr Lieblingsort bei der Landesgartenschau ist der Weinberg. „Dort in der Natur und in aller Ruhe ein Glas Wein zwischen den 350 Weinstöcken zu genießen, ist schon etwas Besonderes“, schwärmt sie.

Und genau dort, unterhalb des Reben-Hanges, fühlt sich auch ein Ehepaar aus Leipzig wohl. Antje und Michael Hamm haben sich drei Tage Zeit für die Burger Landesgartenschau genommen. In Liegestühlen neben der Weinlaube genießen sie eine Flasche „Pink Fritz“, einen Prosecco von der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut im südlichen Sachsen-Anhalt.

Erhard Skupsch, Geschäftsführer der Landesgartenschau GmbH, freut sich über das Lob der Sachsen: „Das Wetter spielt mit, ein sehr schönes Ambiente, vieles, was man entdecken und wo man die Natur auf sich einwirken lassen kann.“

Und auch der Laga-Chef ist mit dem Start der Schau zufrieden. „Pfingsten hatten wir einen Besucheransturm. Und am Sonnabend konnten wir den 100.000. Besucher mit einem kleinen Präsent überraschen.“ Es waren Ralf und Cathleen Rönecke aus Gräfenhainichen. Das Ehepaar aus dem Landkreis Wittenberg freute sich über einen großen Blumenstrauß, einen Präsentkorb und 100 Euro – überreicht von Skupsch und dem Burger Bürgermeister Jörg Rehbaum. Der Laga-Chef: „Wir sind besuchermäßig im Soll.“

Es gebe eine „übergreifende Zufriedenheit“, stellt er fest und zitiert einen Experten, der sich mit der Bundesgartenschau 2021 in Erfurt beschäftigt. „Besonders gelobt hat er die Spielanlagen. Speziell der Wasserspielplatz im Flickschupark hat es ihm angetan.“

Dort ist auch Monika Ostermann gerne. „Schon vor der Gartenschau bin ich oft am See entlanggegangen. Aber jetzt, mit der Spielwiese, dem Hügel und dem Kinderlachen, ist es dort noch viel schöner geworden.“

Natürlich gebe es auch Hinweise und Kritiken weiß Stefan Ficker, der für die Beköstigung der Gäste auf dem gesamten Laga-Gelände zuständig ist. „Manch Besucher möchte in der Weinlaube Bier trinken und versteht nicht, dass wir hier, dem Ambiente entsprechend, nur Wein ausschenken.“ Auch, dass es unterhalb des Weinbergs kein großes Speisenangebot gibt, wurde schon kritisiert. „Wir wollten eigentlich Flammkuchen servieren, aber die Wartezeiten wären zu groß geworden. Deshalb gibt es Snacks, wie Oliven, Räucherkäse – den ,Bördespeck‘.“

Immer wieder angesprochen worden sei die volle Laga-Bahn und die damit verbundenen Wartezeiten, sagt Skupsch. „Wir haben die Standzeiten verringert und wollen diejenigen Haltestellen, die kaum genutzt werden, streichen.“

Nächster Halt – vor einer lebensgroßen Skulptur aus Stahl, die Hans Schmidt (1897-1958) gewidmet ist. „Der Gartenbauingenieur entwarf den Flickschu- und den Goethepark“, erfahren die Sparkassen-Mitarbeiter von Monika Ostermann.

Die Besucher seien „sehr wissbegierig“, sagt die Führerin. Manche schauten sich die alten Grabsteine auf dem einstigen Westfriedhof im Goethepark intensiv an. „Ich kann dann immer etwas über Brände, Pest und Cholera erzählen, die Burg heimgesucht haben.“ Ein Ehepaar aus dem Schwarzwald habe wissen wollen, wie die Laga im September aussehe: „Goldgelb“, habe sie geantwortet und davon geschwärmt, wie sich die Natur im Spätsommer und Herbst präsentiere. „Die Besucher waren begeistert und haben versprochen, dann noch einmal wiederzukommen.“

Zwischen den rund 20 „Gäste-Kümmerern“ gebe es einen intensiven Austausch. „Wir teilen uns unsere Erfahrungen mit, so dass jeder davon profitieren kann“, sagt die Frau mit Herz und Verstand.

„Auch meine Gespräche mit den Gästen sind sehr interessant, und sie sind keine Einbahnstraße. Ich habe schon einige Dinge erfahren, die auch für mich neu waren und die ich in meine Führungen einfließen lassen konnte.“

Erst kürzlich hat Monika Ostermann eine Gruppe betreut, zu der auch zwei Burgerinnen gehörten. „Die eine Dame hat zweifelnd gesagt: Ich weiß gar nicht, was Sie mir noch Neues erzählen wollen?“

Doch nach einiger Zeit habe sie zugeben müssen: „Ach, das wusste ich ja noch gar nicht. Der Aha-Effekt!“ Bei der Verabschiedung meinte sie dann: "Ich bin erstaunt, wie viel Neues ich erfahren habe.“

Und noch ein Erlebnis ist ihr haften geblieben: „Im Flickschupark standen Kinder vor einer alten Pumpe, wie sie früher zu jedem Stadtbild gehörte. Als sie mich sahen, kamen sie zu mir und beschwerten sich: Die geht ja gar nicht.“ Sie habe ihnen dann gezeigt, wie man den Handschwengel bedient, damit sie Wasser pumpt. „Die Kinder von heute kennen das einfach nicht mehr.“

Die Laga sei eine „Erfolgsstory“, ist sich die Gästeführerin sicher. „Ein Berliner hat mir sogar gesagt, dass sie schöner ist, als die Iga in der Hauptstadt. Er hat besonders die kurzen Wege gelobt, die Kompaktheit und dass die Altstadt in die Laga eingebunden wurde.“

Die Gartenschau sei ein „Geschenk für Burg“, meint dann auch die 63-Jährige. „Und ich bin stolz darauf und es ist eine Ehre für mich, dass ich ein kleines Teil davon bin.“

Hier geht es zu umserem Laga-Liveblog.

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