Bundeswehr Afghanistan: Zwiespältiger Abzug
Nach ca. 20 Jahren sind die letzten deutschen Soldaten aus Afghanistan ausgeflogen worden. Oberstleutnant Eberhard Zimmer verlässt das Land mit gemischten Gefühlen.

Magdeburg/Weißenfels - Der Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan war seit Mai im Gang, jetzt ist er offiziell abgeschlossen. Gestern sind die letzten deutschen Soldaten vom Bundeswehr-Camp in Masar-i-Scharif nach Wunstorf in Niedersachsen geflogen worden. Zum letzten Kontingent gehörten auch rund 20 Soldaten aus Sachsen-Anhalt, wie eine Sprecherin der Bundeswehr auf Volksstimme-Anfrage mitteilte.
„Meine Einsätze in Afghanistan bleiben mir positiv in Erinnerung“, erzählt Oberstleutnant Eberhard Zimmer aus Havelberg. 2005 war er das erste Mal in Kabul im Einsatz, im April dieses Jahres war er noch im Camp der Nato in Masar-i-Scharif im Norden des Landes im Einsatz. Bei seinen letzten Einsätzen war er beratend für die afghanischen Streitkräfte tätig. Dabei hatte er auch Kontakt zur Zivilbevölkerung. „Die Afghanen hab ich als absolut freundliche Menschen kennengelernt und die Zusammenarbeit war sehr fruchtbar. Daher war beim Abschied Wehmut auf beiden Seiten zu spüren. Zumal es wahrscheinlich ein Abschied für immer ist“, berichtet Zimmer.
Mädchen gehen zur Schule: „Früher undenkbar“
Der Oberstleutnant hat allerdings auch die negativen Seiten des Einsatzes kennengelernt. Bei einem Angriff der islamistischen Taliban auf einen Nato-Stützpunkt in Kunduz im Jahr 2007 waren drei Kameraden ums Leben gekommen, mit denen Zimmer vorher Kontakt hatte.
Der Oberstleutnant vom Panzerpionierbataillon 803 erkennt trotz der wiederkehrenden Angriffe auf ausländische und afghanische Sicherheitskräfte eine positive Entwicklung im Land. „Heute gibt es Mädchen, die zur Schule gehen, das war vor 20 Jahren undenkbar. Diese Entwicklung hat mich sehr berührt.“ Für die Zukunft Afghanistan wünscht sich Zimmer, dass eine friedliche Ordnung im Land geschaffen werden kann. „Der Wille nach Frieden ist beim afghanischen Volk auf jeden Fall zu spüren.“ Doch dieser könne nicht von heute auf morgen hergestellt werden.
Die Hoffnung darauf sollte aber nicht aufgegeben werden. „Frieden in Afghanistan muss anders betrachtet werden als der Frieden, den wir seit Jahrzehnten in Europa erleben.“ Bei seinen Einsätzen an verschiedenen Orten hat er die gravierenden Unterschiede im Land kennengelernt. Man könne nicht über „das Afghanistan“ sprechen, weil es ein zu heterogenes Land sei. Genauso verhalte es sich mit den Taliban. Es gebe auch Teile der Organisation, die keine Terrorabsichten verfolgen würden und lediglich an der politischen Macht beteiligt werden wollten, erklärt Zimmer.
Taliban-Anschläge stärkten Zusammenhalt
Neben den militärischen Streitkräften waren beim Einsatz der Bundeswehr auch Sanitätskräfte dabei. Oberstabsapothekerin Stichel aus Weißenfels leitete die Apotheke der internationalen Einsatzkompanie in Masar-i-Scharif. „Das heiße und trockene Klima war sehr gewöhnungsbedürftig für mich“, berichtet die Kameradin von ihren ersten Erfahrungen in Afghanistan.
Zum ersten Mal war sie im Jahr 2018 am Hindukusch. „Besonders positiv habe ich die gelebte Kameradschaft sowie lösungsorientierte Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren im Camp in Erinnerung behalten.“ Gerade im medizinischen Bereich sei die Zusammenarbeit mit vielen Nationalitäten und Sprachen nicht immer einfach gewesen, aber die positive Grundstimmung im Camp habe geholfen, solche Probleme zu bewältigen. Wie viele der rund 160 000 eingesetzten Soldaten in Afghanistan aus Sachsen-Anhalt kamen, darüber konnte die Bundeswehr keine Auskunft geben. Ebenso ist unklar, wann die Truppen nach Sachsen-Anhalt kommen, da noch nicht geklärt ist, ob eine Quarantäne-Regel greift. Darüber informierte das Landeskommando Sachsen-Anhalt. Meinung

