Tag der Knochenmarkspende Die kleine Tess braucht einen Retter
Die kleine Tess aus Magdeburg braucht dringend einen Stammzellspender, um wieder gesund zu werden. Das erst knapp zwei Jahr alte Mädchen hat Leukämie – wie auch andere Kinder im Land. Ein Blick auf die heimtückische Krankheit und ihre Behandlung am Tag der Knochenmarkspende.

Magdeburg - 1510 Mal stellten Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt im Jahr 2019 die Schreckens-Diagnose Leukämie – Blutkrebs also. Besonders häufig betroffen waren Kinder und Jugendliche. 375 Fälle meldeten die Kliniken laut Statistischem Landesamt allein in der Altersgruppe der 0- bis 20-Jährigen.
Zu ihnen gehört seit März auch die kleine Tess Krüger aus Magdeburg. „Alles begann im Dezember 2020“, erzählt Vater Carsten Krüger bei einem Treffen. Damals bekam sein Kind plötzlich blaue Flecken und einen dicken Bauch – nichts Ungewöhnliches dachten Krüger und seine Frau Anne, eine angehende Ärztin, zunächst.
Doch dabei blieb es nicht. Bald zeigten sich zusätzlich kleine, rote Punkte auf der Haut – Mikroblutungen, wie sich später herausstellte. Irgendwann wollte das eigentlich lebhafte und fröhliche Mädchen nicht mehr laufen. „Spätestens da haben bei uns die Alarmglocken geschrillt“, sagt Krüger.
Der Besuch bei einer befreundeten Kinderärztin sollte eine ernste Krankheit ausschließen. Der Befund aber veränderte alles: Die Mediziner diagnostizierten bei dem erst ein Jahr alten Kind eine akute Leukämie. „Die ersten Tage standen wir total unter Schock. Wir haben wirklich nur gezittert“, sagt Krüger.
So wie Tess und ihren Eltern geht es nicht wenigen Familien in Deutschland. „Rund 2000 Krebserkrankungen zählt man bei Kindern bundesweit jedes Jahr“, sagt Antje Redlich, leitende Ärztin in der Kinderonkologie am Uniklinikum Magdeburg. Bei rund einem Drittel der Fälle handelt es sich um Leukämie.
2000 Krebserkrankungen bei Kindern pro Jahr
Allein das Uniklinikum behandelt jährlich rund 40 krebskranke Kinder. Elf Fälle von Blutkrebs gibt es bislang dort in diesem Jahr. Öffentlich wurden in den vergangenen Wochen auch die Leukämie-Erkrankungen der kleinen Helene aus dem Landkreis Börde und des 15-jährigen Rene, ebenfalls aus der Börde.
Die gute Nachricht: Die Krankheit ist heute relativ gut behandelbar. „Die Heilungschance liegt bei 85 bis 90 Prozent“, sagt Ärztin Redlich.
Für Tess wird die Behandlung allerdings komplizierter als erwartet. Fünf Monate Chemotherapie mit mehreren Blöcken hatte das Mädchen im August bereits hinter sich. Doch statt einer Heilung folgte zum Monatsende die nächste Hiobsbotschaft: Tess hatte noch immer viele Krebszellen im Körper, erzählt ihr Vater.
Damit stand fest: Tess wird einen Stammzellspender brauchen, um wieder gesund werden zu können. Bislang aber gibt es weltweit noch keinen Kandidaten, der genetisch zu ihrem Blutsystem passt. Gleichzeitig gilt: Je mehr Menschen sich registrieren lassen, desto größer die Chance auf einen geeigneten Spender.
Die Zeit drängt, schon im November soll Tess ihre Stammzellspende erhalten. Bis dahin wird ihr gesamtes Blut- und Immunsystem mit Intensivblöcken für Hochrisiko-Patienten immer weiter heruntergefahren.
Unterstützt von der DKMS (ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei) suchen Carsten und Anne Krüger daher intensiv nach einem Retter für ihr Mädchen.
Krüger kennt das Prozedere des Spendens aus eigener Erfahrung. 2016 war er selbst Knochenmarkspender für eine junge Frau aus St. Petersburg. Die Mutter zweier Kinder wurde dank seiner Hilfe wieder vollkommen gesund. Heute schreiben beide einander regelmäßig. Einem anderen Menschen die Chance geschenkt zu haben, weiterzuleben, sei ein Glücksgefühl, sagt Krüger.
Registrierung online oder in der Uni-Blutbank
Die Registrierung für eine Spende ist dabei nicht aufwendig. Sie kann laut Uniklinik per Blutprobe in der Blutbank des Hauses oder nach Online-Bestellung bei der DKMS per Wattestäbchen zu Hause erfolgen.
Auch für den Fall, dass ein Spender passt und seine Hilfe gebraucht wird, ist laut Knochenmarkspende-Register oft kein Eingriff nötig. Häufig wird ein Medikament gegeben, das die Reifung von Stammzellen unterstützt, die dann ins Blut übergehen. Ganz ähnlich dem Vorgehen bei einer Plasmaspende, werden die Zellen danach über eine Armvene entnommen.
Carsten und Anne Krüger warten derzeit jeden Tag: „Wir sind jetzt in einer Phase, in der wir einfach hilflos sind“, sagt der Vater. Schon jetzt ist die Familie auf große Hilfsbereitschaft gestoßen: Laut DKMS haben sich 7754 potenzielle Spender registrieren lassen. Allein bei einer Aktion des Klinikums Magdeburg – Anne Krüger absolviert dort ihr Praktisches Jahr – ließen sich Dutzende Mitarbeiter registrieren.
Tess’ Eltern hoffen, dass mit der Aufmerksamkeit für ihren Fall trotzdem noch mehr Menschen helfen wollen. Denn: Jeder Einzelne könnte zum Lebensretter werden.
Wer helfen will, kann unter www.dkms.de/tess Testmaterial beziehen oder in der Uni-Blutbank Magdeburg eine Blutprobe abgeben.