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Landesparteitag in Halle Sachsen-Anhalts Grüne verspüren Rückenwind aus Berlin

Angesichts absehbarer Energieprobleme dringen Sachsen-Anhalts Grüne auf einen schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien.

Von Michael Bock 10.07.2022, 19:15
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe die Grünen gezwungen, Prioritäten zu verschieben, sagt die aus Sachsen-Anhalt stammende Bundesministerin Steffi Lemke.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe die Grünen gezwungen, Prioritäten zu verschieben, sagt die aus Sachsen-Anhalt stammende Bundesministerin Steffi Lemke. Foto: imago

Halle - Der Landesvorsitzende Dennis Helmich formuliert ein klares Ziel für die nächste Landtagswahl: „Wir wollen zurück in Regierungsverantwortung“, sagt er am Samstag beim Landesparteitag in Halle. Bei der Kommunalwahl 2024, also zwei Jahre zuvor, sollen die Weichen dafür gestellt werden werden. Hellmich: „Wir wollen in allen Gemeinderäten vertreten sein und in den kreisfreien Städten (Magdeburg, Halle, Dessau-Roßlau, d. Red.) stärkste Kraft werden.“

Der schwarz-rot-gelben Landesregierung bescheinigt Helmich „Schlafwagen-Mentalität“. Man habe das Gefühl, dass Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) mit der Vereidigung vor einem Jahr bereits mit seiner Abschiedstournee begonnen habe. Armin Willingmann (SPD), zuständig für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt, sei ein „Ankündigungsminister“, der von der Arbeit seiner Amtsvorgängerin Claudia Dalbert (Grüne) profitiere.

Die Fraktionsvorsitzende im Landtag, Cornelia Lüddemann, freut sich über Rückenwind aus der Bundeshauptstadt. „Überall, wo ich hinkomme, spüre ich sehr viel Respekt, Anerkennung und Zustimmung für das, was ihr in Berlin tut“, sagt sie. Das geht direkt an einen Gast des Parteitags, die aus Sachsen-Anhalt stammende Steffi Lemke, seit vorigem Jahr Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

Zugleich nimmt Lüddemann die Partei im Land in die Pflicht. „Wir müssen aktiver werden, aufdrehen, mehr rausgehen“, sagt sie. Es reiche nicht zu sagen, dass Haseloff eine „Schnarchnase“ sei. „Wir müssen raus aus der bundespolitisch getriebenen Komfortzone.“

Im Vergleich zum Bund habe die Landespartei der Grünen hierzulande einen schweren Stand. „Sachsen-Anhalt tickt anders“, sagt die Fraktionschefin. Hierzulande hätten viele Menschen eine traditionell gewachsenen „hohe Affinität zu Russland“. Ein Grund für das schlechte Abschneiden der Grünen (diese kamen 2021 nur knapp über die Fünf-Prozent-Hürde) ist aus ihrer Sicht die Abhängigkeit vieler Jobs von fossilen Brennstoffen oder in deren Verarbeitung in der chemischen Industrie wie in Leuna und Piesteritz. Die Partei müsse an geeigneten Formaten arbeiten, um diese Menschen abzuholen und ihnen Perspektiven aufzuzeigen.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine habe die Grünen gezwungen, Prioritäten zu verschieben, sagt Steffi Lemke. Das sei ein „verdammt harter Prozess“ gewesen. „Alte Leitplanken und Spielregeln haben nicht mehr gegolten.“ Bei aller Sorge um Energieengpässe in Deutschland müsse jedoch klar gesagt werden, dass drohende Hungerkrisen für die afrikanischen Länder viel bedrohlicher seien als die Nöte, die Deutschland absehbar bevorstehen könnten.

Die Delegierten beschließen einen Leitantrag, wonach der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben werden soll. Im Planungsrecht etwa müsse diesen eine Vorfahrt eingeräumt werden. Zudem machen sich die Grünen stark für ein Tempolimit und autofreie Tage.

Der Parteitag positioniert sich auch zum Bau von Windkraft-Anlagen in Wäldern. „Die verschiedenen Krisen und der Krieg in Europa verlangen auch nach einer Zeitenwende bei der Abwägung zwischen Naturschutz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien“, heißt es. Für die Grünen „ist Wind im Wirtschaftswald kein Tabu“. Insbesondere in geschädigten Waldflächen und Wirtschaftswäldern sollte „im Einzelfall die Errichtung von Windkraftanlagen ermöglicht werden“.