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Corona Sachsen-Anhalt SPD-Spitzenkandidatin Pähle gegen Kleinstaaterei beim Impfen

Von Jens Schmidt 22.04.2021, 15:00
Corona-Impfen in  der Verbandsgemeinde Wethautal: Sollten nur Einheimische oder auch Menschen aus anderen Regionen an die Reihe kommen? Der Impftourismus ist sehr umstritten.
Corona-Impfen in der Verbandsgemeinde Wethautal: Sollten nur Einheimische oder auch Menschen aus anderen Regionen an die Reihe kommen? Der Impftourismus ist sehr umstritten. Foto: dpa

Am 6. Juni wählt Sachsen-Anhalt eine neuen Landtag. Bis dahin haben Leserinnen und Leser die Möglichkeit, Spitzenkandidaten zu befragen. Heute steht Katja Pähle (SPD) Rede und Anwort.

Viele kritisierten den Impftourismus und die Haltung von SPD-Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne, die eine freie Auswahl der Impfzentren befürwortet hatte. Unter den kritischen Anrufern waren etwa Renate Merten (Osterburg) und Klaus Bierende (Borne).

Heike Buchholz aus Klötze fragte: Was sagen Sie zu dem Impfstreit zwischen Oberbürgermeister Trümper und Gesundheitsminister Grimm-Benne? Hier gibt es keine klare Linie der SPD.

Katja Pähle: Der Impfstoff muss an erster Stelle an Menschen in Sachsen-Anhalt verteilt werden. Allerdings halte ich es für überzogen, wenn Magdeburg Leute aus Irxleben oder Biederitz abweist. Innerhalb eines Bundeslandes in diese Kleinstaaterei zurückzufallen, halte ich für falsch.

Ein weiteres Problem: Ost-Pfleger bekommen 12,20 Euro pro Stunde, West-Pfleger 12,50 Euro. Das ist doch ungerecht.

Pähle: Die Unterscheidung nach Ost und West empfinde ich auch als riesige Schweinerei. Ich hoffe, dass die nächste Bundesregierung das beseitigt.

Erich Benecke, Osterweddingen: Befürworten Sie Gendersprache? Das mit den Sternchen ist doch überzogen.

Pähle: Ich halte es für wichtig, dass wir alle Menschen mitnehmen, indem man etwa sagt: Erzieherinnen und Erzieher. So halte ich es, wenn ich rede. In Texten – wie in unserem Wahlprogramm – nutzen wir das Sternchen, weil es kürzer ist.

Warum wurden die Corona-November- und -Dezemberhilfen am Umsatz festgemacht?

Pähle: Ich unterstütze den Ansatz, weil Gastronomie und Kultur gänzlich geschlossen wurden. So konnten Gastwirte die Kurzarbeitergelder ihrer Mitarbeiter etwas aufstocken. Furchtbar war, dass die Auszahlung so lange gedauert hat. Das lag am Bundeswirtschaftsministerium. Es wäre viel besser gewesen, das über die Finanzämter zu organisieren.

Lehnen Sie eine Koalition mit der FDP ab und favorisieren Sie eindeutig Rot-Rot-Grün?

Pähle: Sinnvoll kann man erst darüber reden, wenn das Wahlergebnis vorliegt. Die FDP im Bund hat sich bei den Koalitionsverhandlungen 2017 allerdings als sehr unzuverlässig erwiesen.

Wird Frau Baerbock nächste Bundeskanzlerin?

Pähle: Schauen wir mal.

Herbert Evel, Wanzleben: Wo ist die SPD? Für den normalsterblichen Rentner ist nicht viel herausgekommen.

Pähle: Wir haben doch einiges erreicht: die Grundrente zum Beispiel. Bei der Anpassung der Ost- an die Westrenten hätte ich mir auch mehr Tempo gewünscht – aber immerhin geht es voran.

Aber die Diäten sind gestiegen.

Pähle: Unsere Fraktion hat die Steigerung im Corona-Jahr 2020 komplett gespendet.

Und CDU-Leute machen Maskengeschäfte. Das ist doch eine Schweinerei.

Pähle: Das stimmt. Da müssen Gesetze verschärft werden.

Ich bin immer SPD-Wählerin gewesen, doch so langsam werde ich mutlos.

Birgit Heye, Halberstadt

Birgit Heye, Halberstadt: Wann fällt die Doppelbesteuerung für Rentner weg? Ich habe letztes Jahr 40 Euro mehr Rente bekommen und muss nun 60 Euro ans Finanzamt abführen. Ich bin immer SPD-Wähler gewesen, aber so langsam werde ich mutlos.

Pähle: Ich sehe das Problem, allerdings bekommen wir das hier im Land nicht gelöst. Dahinter steht eine neue Systematik: Jüngere zahlen auf ihre Rentenbeiträge keine Steuern mehr, dafür zahlen Rentner Steuern. Ihre Generation hatte aber schon die Beiträge versteuert und zahlt nun auch noch auf die Rente Steuern. Sie sind eindeutig benachteiligt. Dafür ist eine gerechtere Lösung nötig, über die aber der Bundestag entscheiden muss.

Siegfried Söder, Magdeburg: Ich war 30 Jahre lang Lehrer. Was halten Sie von der Bildung sozial benachteiligter Kinder?

Pähle: Bildung muss immer allen gewährt werden – gleich, wie viel Geld Eltern verdienen. Daher haben wir als SPD die Gemeinschaftsschule im Land durchgesetzt.

Die SPD hat viel versprochen. Herausgekommen ist Chaos. Ich hatte meine Fragen zur Bildungspolitik bereits Anfang März an Ihre Fraktion geschickt, aber nie eine Antwort bekommen. Politiker sitzen offenbar auf Wolke sieben.

Pähle: Dann sind Ihre Anfragen offenbar noch nicht bearbeitet worden. Ich kümmere mich darum. Aber den Vorwurf, ich würde nicht wissen, was los ist, darf ich zurückweisen. Ich bin Mutter zweier Kinder, ich weiß, was in Schulen abgeht. Ich wohne nicht in einer Villa im Tessin, sondern in einer Mietwohnung in Halle. Glauben Sie mir bitte, wir alle sind mit vielen Menschen in Kontakt.

CDU-Minister Tullner verwaltet ja nur die Not, die SPD-Minister Bullerjahn zuvor angerichtet hat.

Pähle: Nein, das sehe ich anders. Herr Tullner weist immer noch gut ausgebildete Lehrer ab, obwohl wir viele unbesetzte Stellen haben.

Rudolf Heide, Gommern: Warum werden Menschen per Gesetz bestraft, wenn sie beim Thema Corona ihre freie Meinung äußern.

Pähle: Solch ein Gesetz gibt es nicht.

Doch. Menschen werden behindert, wenn sie sich frei äußern.

Pähle: Nein. Es gibt Verordnungen, die Einschränkungen festlegen – aber Demonstrationen bleiben unter Auflagen erlaubt. Wenn aber die Auflagen bei einer Demo nicht beachtet werden – wie Masken tragen, Abstand halten – dann schreitet die Polizei ein. Dann wird die Demonstration aufgelöst. Aber für die Meinungsäußerung an sich gibt es keine Bestrafung.

Walter Jürgens, Stendal: Mir gefällt es nicht, dass die SPD die Flüchtlingspolitik so locker angeht. Das finden viele hier nicht gut.

Pähle: Aktuell haben wir recht niedrige Flüchtlingszahlen. Wir sehen aber, wie furchtbar es Menschen in Lagern geht. Da muss die EU handeln. Wenn EU-Länder wie Polen und Ungarn sich nicht an der Aufnahme beteiligen, sollten sie meiner Meinung nach Konsequenzen spüren.

Rainer Bittersmann, Barby: Wir kämpfen seit zwölf Jahren für einen Radweg von Pömmelte nach Barby. Doch nichts passiert. Warum soll ich SPD wählen?

Pähle: Ich verstehe Ihre Verärgerung. Da muss ich nachhaken. Ich mache mich schlau und rufe Sie zurück.

Ihr Finanzminister war verantwortlich für das Schul-Chaos.

Maria Maaß, Magdeburg:Wann wird der Sputnik-Impfstoff endlich kommen? Die EU macht nur viele Vorschriften – aber was haben wir da gewonnen?

Pähle: Wir werden das im Landtag thematisieren. Aber gerade wir Ostdeutschen haben finanziell sehr von der Europäischen Union profitiert.

Martin Spengler, Biederitz: Sie plakatieren: „Chaos an den Schulen beenden“. Doch die SPD ist lange in der Regierung. Warum machen Sie jetzt auf billigste Art Wahlkampf? Ihr Finanzpolitiker Bullerjahn ist doch maßgeblich dafür verantwortlich, dass wir viel zu wenige Lehrer haben.

Pähle: Ich bin weit davon entfernt, unsere Fehler wegzureden. Daher sind wir 2016 umgeschwenkt. Schon davor hatten wir die Zahl der Referendarplätze erhöht. Aber was passiert? Bis heute werden fertige Referendare nicht eingestellt. Und dafür ist der aktuelle Bildungsminister Minister Tullner von der CDU verantwortlich.

Spitzenkandidatin Katja Pähle und Reporter Alexander Walter während der Fragerunde in der Volksstimme-Redaktion in Barleben. Meist klingelten zwei Telefone gleichzeitig.
Spitzenkandidatin Katja Pähle und Reporter Alexander Walter während der Fragerunde in der Volksstimme-Redaktion in Barleben. Meist klingelten zwei Telefone gleichzeitig.
Foto: Uli Lücke