Schusswaffen und Munition Westliche Waffen für Putin?
Laut „Correctiv“ sollen deutsche Firmen auch nach Kriegsbeginn Munition nach Russland geliefert haben. Ein Hersteller aus Schönebeck weist Vorwürfe deutlich zurück.

Magdeburg - Vor dem Hintergrund der russischen Invasion in der Ukraine hinterfragt die Linke im Landtag Rüstungsexporte aus Sachsen-Anhalt in andere Länder: „Auch die Rüstungsindustrie in Sachsen-Anhalt floriert. Waffenexporte aus Sachsen-Anhalt im Wert von knapp 24 Millionen Euro in den letzten zwei Jahren zeigen deutlich, dass die Rüstungsindustrie auf Hochtouren läuft“, sagte Fraktionschefin Eva von Angern der Volksstimme.
Es müsse genau hingeschaut werden, wofür und an wen Waffen geliefert werden. Im Hintergrund schwingt dabei die Frage mit, ob Rüstungsgüter oder dafür nutzbare Komponenten über Drittstaaten nach Russland gelangt sein könnten. Das Land hatte am 22. Februar 2022 die Ukraine überfallen und führt seitdem dort Krieg.
Wie aus der Antwort des Landeswirtschaftsministeriums von Sven Schulze (CDU) auf eine Kleine Anfrage der Linken hervorgeht, hatte die Bundesregierung Firmen aus dem Bereich der Rüstungsindustrie in Sachsen-Anhalt 2021 Exportgenehmigungen im Umfang von gut 12,3 Millionen Euro erteilt, auch 2022 waren es noch gut 11,6 Millionen Euro. Hauptexportländer waren 2021 Österreich (3,4 Mio. Euro), die USA, Kanada und Südkorea. 2022 löste Lettland (5,5 Mio. Euro) Österreich als größten Abnehmer ab. Russland taucht in der Statistik nicht auf.
Produkte westlicher Hersteller tauchen in russischer Importstatistik auf
Das Ministerium verweist in seiner Antwort im Übrigen auf die weitgehende Zuständigkeit der Bundesregierung. Eine Auflistung aller Unternehmen im Land, die Rüstungsgüter exportieren, lehnen die Bundes-Behörden ihrerseits aus Sicherheitsgründen ab.
Anlass für die Anfrage der Linken ist ein Beitrag des Recherchezentrums „Correctiv“. Das hatte im November einen Beitrag über Firmen veröffentlicht, deren Produkte sich in einer staatlichen russischen Importdatenbank wiederfanden. Der Name des norwegischen Munitionsherstellers „Nammo“ tauchte dabei auf. In Schönebeck produziert „Nammo“ mit 100 Mitarbeitern Sportpatronen aus Weichmetall für Biathlon-Wettkämpfe oder die Olympischen Spiele.

Wer mit Waffen massig Geld verdient, gehört genaustens kontrolliert.
Eva von Angern, Die Linke
Geschäftsführer Uwe Müller bekräftigte auf Volksstimme-Anfrage – wie bereits gegenüber „Correctiv“: „Nammo Schönebeck hat seit Ausbruch des Krieges gegen die Ukraine keine Sportpatronen direkt oder über unser Händlernetzwerk nach Russland geliefert!“ Warum Produkte des Unternehmens in der russischen Datenbank für Import-Zertifizierungen auftauchten, könne man nicht beantworten. Grundsätzlich gehe es aber um Export- sowie Import-Lizenzen. Dabei handele es sich um Genehmigungen, die selbst keinen Nachweis für den tatsächlichen Ex- oder Import darstellten. Auch einen Handel über Drittstaaten schloss Müller aus.
Fast 7300 westliche Schusswaffen noch nach Kriegsbeginn nach Russland geliefert
Die Sanktionsbeschränkungen verbieten es, Kriegswaffen nach Russland zu verkaufen. Das gilt auch für Jagd- oder Sportwaffen. Für letztere ist es aber möglich, eine Exportgenehmigung für Drittstaaten zu erhalten. Über Zwischenhändler sollen laut „Correctiv“ so fast 7300 Schusswaffen und rund acht Millionen Schuss Munition westlicher Hersteller seit Februar 2022 nach Russland gelangt sein, darunter nachweislich auch Gewehre und Pistolen aus Deutschland und Österreich.
Sachsen-Anhalts Anteil an den deutschen Rüstungsexporten war mit zuletzt 0,1 Prozent nur gering. Die Linke fordert dennoch Konsequenzen: „Jüngste Recherchen zeigen, dass auch Sportwaffen im Angriffskrieg Russlands eingesetzt werden“, sagte Eva von Angern. Die Landesregierung dürfe hier ihre Verantwortung nicht auf den Bund abschieben. „Wer mit Waffen massig Geld verdient, gehört genaustens kontrolliert.“