Koalition einigt sich zu Gesetzesvorhaben Wolf kommt ins Jagdrecht, weniger Bürokratie, Tuchbestattungen sollen möglich werden
Bei einer Sitzung des Koalitionsausschusses hat Sachsen-Anhalts Koalition Streitpunkte bei gleich mehreren Gesetzesvorhaben abgeräumt. Das Wichtigste im Überblick:

Magdeburg - Der Wolf kommt ins Jagdrecht, die Hürden für die Vergabe öffentlicher Aufträge sinken, Kommunen sollen verpflichtend an den Gewinnen aus Wind- und Sonnenenergieanlagen beteiligt werden: Sachsen-Anhalts Regierungsbündnis aus CDU, SPD und FDP hat sich am Mittwochnachmittag bei einem Koalitionsausschuss gleich bei mehreren im Detail bislang strittigen Gesetzesvorhaben geeinigt.
Geringere Hürden für Auftragsvergaben - Beschleuniger für die Wirtschaft
Einer der wichtigsten Punkte ist ein Kompromiss zur vorübergehenden Absenkung der Schwellenwerte, ab denen das 2023 eingeführte, sogenannte Tariftreue- und Vergabegesetz zur Anwendung kommt. Bis 31. Dezember 2028 sollen hier künftig die Schwellenwerte der EU gelten. Demnach soll das Gesetz erst bei Bauaufträgen über 5,5 Millionen Euro und Aufträgen für Dienstleistungen über 221.000 Euro greifen. Die bisherigen Schwellen lagen bei 120.000 Euro für Bau- sowie 40.000 Euro für Dienstleistungen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte den Schritt nach Bekanntwerden in einer Mitteilung als Aushöhlung des Gesetzes.
Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) sagte, mit der Änderung wolle man die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die in Aussicht gestellten Infrastrukturmittel des Bundes schnell auf die Straße kommen.
SPD: Tariftreue- und Vergabegesetz nicht abgeschafft: „Wir halten Maß und Mitte“
Umweltminister Armin Willingmann (SPD) erklärte: Die Reform sei vor allem dazu gedacht, die Wirtschaft anzukurbeln – ähnlich wie das auch während der Pandemie bereits getan worden sei. Wichtig sei der SPD aber auch: „Wir schaffen das Tariftreue- und Vergabegesetz nicht ab“, schon gar nicht, da sich Union und SPD gerade auf Bundesebene auf ein entsprechendes Gesetz verständigt hätten. Stattdessen halte man Maß und Mitte.
Kommunen sollen verpflichtend an Gewinnen aus Erneuerbaren beteiligt werden
Mit einem Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz sollen die Kommunen künftig verpflichtend an den Gewinnen aus neuen Wind- und PV-Anlagen beteiligt werden. Als Grundlage soll hier eine Pauschale von 0,3 Cent je Kilowattstunde installierter Leistung herangezogen werden, sagte Willingmann. Gemeinden können Bürger auch direkt beteiligen, dies soll allerdings nicht im Gesetz festgeschrieben werden.
Wolf kommt ins Jagdrecht, bleibt aber vorerst streng geschützt
Vor allem CDU und FDP hatten sich zudem für die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht stark gemacht. Auch das soll jetzt passieren. Der Wolf bleibt dennoch vorerst weiter streng geschützt. Allerdings wird in dieser Woche auch ein Beschluss des EU-Parlaments zum Schutzstatus des Wolfs erwartet. Wird dessen Status dabei gesenkt, würden mit der Aufnahme ins Jagdrecht die Voraussetzungen für eine spätere Bejagung im Land geschaffen.
Tuchbestattungen werden möglich
Einigen konnten sich die Koalitionäre auch auf eine Reform des Bestattungsgesetzes. So sollen künftig für Menschen jüdischen oder muslimischen Glaubens auch Tuchbestattungen möglich sein
Das gilt auch für die Anfertigung von Diamanten aus geringen Resten der Asche Verstorbener. Zudem soll es eine zweite Leichenschau bei Erdbestattungen geben. Über dieses Gesetz war laut Digitalministerin Lydia Hüskens (FDP) erstmals bereits 2003 diskutiert worden. Sachsen-Anhalt sei das letzte der 16 Bundesländer, das hier jetzt zu einer Modernisierung komme, ergänzte Armin Willingmann.
Das Signal: Die Deutschlandkoalition funktioniert
Die Koalition einigte sich darüber hinaus auf Gesetzesvorhaben zur Einführung einer Landzahnarztquote in Sachsen-Anhalt nach dem Vorbild einer bereits geltenden Land- und Amtsarztquote. Die Zahl der Zahnmedizinstudienplätze an der Uni Halle soll zudem von 40 auf 50 steigen. Schließlich soll bei der Ausbildung von Podologen bis zum Ausbildungsjahr 2025/26 Schulgeldfreiheit gelten. Diese beiden Gesetze könnten demnach schon in der kommenden Woche in den Landtag gehen.
Digitalministerin Lydia Hüskens (FDP) lobte die Kompromisse: Diese zeigten, dass die Vertrauensbasis in der Koalition vorhanden sei, erklärte sie. Hüskens dankte den Abgeordneten von CDU, SPD und FDP zudem für die Vorarbeit in den Ausschüssen. Die Fraktionen hatten den erzielten Kompromissen demnach in gesonderten Sitzungen zugestimmt. Auch Sven Schulze und Armin Willingmann äußerten sich zufrieden. Das Signal, das vom Koalitionsausschuss ausgehe sei, dass die Deutschlandkoalition funktioniere.
Im Herbst 2026 wird in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt. Spätestens zum Jahreswechsel dürfte damit auch der Wahlkampf beginnen. Einigungen bei strittigen Punkten würden dann deutlich schwieriger.