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Landesregierung Lehrer-Volksbegehren in Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalts Landesregierung hat den Weg frei gemacht für ein Volksbegehren für mehr Lehrer - gegen das Votum des Innenministers.

Von Michael Bock 13.11.2019, 00:01

Magdeburg l Ist der Antrag auf ein Volksbegehren des Bündnisses „Den Mangel beenden – unseren Kindern Zukunft geben“ zulässig? Nein, befand das Innenministerium in einem 16-seitigen Papier für die Minister-Runde. Es verwies zum Beispiel auf zusätzliche Kosten, die den Spielraum des Landtags von Sachsen-Anhalt unangemessen einschränken würden. Doch das Kabinett kippte die Vorlage aus dem Haus von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU).

„Es ist keine eindeutige Rechtslage erkennbar“, sagte Regierungssprecher Matthias Schuppe. In der Minister-Riege gab es unterschiedliche Ansichten. Konsequenz: Die Regierung traf überhaupt keine Entscheidung. In diesem Fall gilt der Antrag auf ein Volksbegehren als angenommen. So sieht es das Volks-abstimmungsgesetz vor.

Damit kann das Bündnis, welches von Schülern, Eltern, der Linken sowie Gewerkschaftern getragen wird, das Volksbegehren starten. Ab Januar 2020 sollen Unterschriften gesammelt werden. Etwa 170.000 müssen zusammenkommen, damit der Gesetzentwurf des Bündnisses in den Landtag kommt. Das Bündnis will einen festen Personalschlüssel an Schulen festschreiben lassen. Bildungsminister Marco Tullner (CDU) bezweifelt, dass so das Problem fehlender Lehrer gelöst werden kann. „Wir haben nicht zu wenig Stellen oder Geld, sondern zu wenig Bewerber.“ 2018 seien gut 1000 Lehrer eingestellt worden und dennoch habe sich die Gesamtsituation bisher nicht verbessert.

Im Innenministerium von Sachsen-Anhalt herrscht Unverständnis darüber, dass sich die Minister-Runde über das ablehnende Votum zum Volksbegehren hinweggesetzt hat. Im Stahlknecht-Ressort gibt es schwerwiegende Bedenken, das Volksbegehren durchzuwinken. Dessen Gesetzentwurf löse „gewichtige staatliche Ausgaben“ aus, heißt es in dem Papier. „Damit wird der Haushalt des Landes im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der ganz überwiegenden Anzahl der Landesverfassungsgerichte wesentlich beeinflusst und das Budget­recht des Landtags verletzt.“

Sollte der Gesetzentwurf umgesetzt werden, würde dies bis zu knapp 3600 zusätzliche Stellen bedeuten. Dies führe zu Ex­tra-Kosten „von 167 bis zu 208 Millionen Euro pro Jahr“ – so Schätzungen des Bildungs- und Finanzministeriums. Die Handlungsspielräume des Landtags dürften bei einem derartigen Ausgabevolumen „unangemessen eingeschränkt sein oder würden den Landtag zu nachhaltigen Korrekturen des geltenden Rechts veranlassen“, steht im Papier. „Bei wiederholt erfolgreichen oder gewichtig ausgabewirksamen Volksbegehren könnte sich der Handlungsspielraum des Parlaments sogar gegen null bewegen.“

In der Staatssekretärs-Runde am Montag war das Papier aus dem Innenministerium noch durchgewinkt worden. Doch am Tag danach kassierten es die Minister ein. Die Bewertung aus dem Innenministerium spaltete die Runde. Vor allem das von Anne-Marie Keding (CDU) geleitete Justizministerium hielt es für vertretbar, das Volksbegehren abzulehnen. Widerstand kam vom ebenfalls CDU-geführten Finanzministerium unter Michael Richter. Aber auch von den SPD-Ministern Petra Grimm-Benne (Arbeit, Soziales und Integration) und Armin Willingmann (Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung). Der Widerstand wurde auch von der Überzeugung geleitet, dass man es sich politisch nicht leisten könne, ein Volksbegehren bereits zu Beginn abzuwürgen.