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Landwirtschaft Wie weiter nach der Dürre?

Das Agrarministerium Sachsen-Anhalt will, dass sich Landwirte an den Klimawandel anpassen. Die Bauern fordern Risikorücklagen.

Von Alexander Walter 11.09.2018, 01:01

Magdeburg l Die Agrargesellschaft Siedenlangenbeck bei Salzwedel leidet bis heute unter den Folgen der Dürre: Noch immer sind die Böden staubtrocken. „Beim Getreide hatten wir Ausfälle von bis zu 50 Prozent“, sagt Geschäftsführer Christian Schmidt. Die Kühe gaben wegen der Hitze deutlich weniger Milch. Die Gesamtverluste für den Gemischtbetrieb mit 720 Milchkühen und 1600 Hektar Fläche sind noch gar nicht absehbar.

Und doch muss sich Geschäftsführer Schmidt bereits Gedanken über die Zukunft machen: Welche Sorten soll sein Betrieb in den kommenden Jahren anbauen? Und wie kann er sich gegen Klima-Risiken schützen? Es sind Fragen, die sich viele der 4500 bäuerlichen Betriebe in Sachsen-Anhalt derzeit stellen.

Der Anpassungsdruck nach dem Sommer 2018 ist in der Tat hoch: Nach Angaben des Agrarministeriums kam es auf fast zwei Drittel der Felder und Wiesen im Land zu Ernteverlusten von mehr als 30 Prozent.

Während besonders betroffene Landwirte in diesem Jahr noch mit Nothilfen im Umfang von 30 Millionen Euro rechnen dürfen, steht solche Unterstützung für die Zukunft in den Sternen. „Risiko- und Krisenmanagement ist Aufgabe der Unternehmen“, heißt es auf Anfrage aus dem Ministerium. Die Landwirtschaft müsse sich umstellen, sagte Ministerin Claudia Dalbert zuletzt.

Die Grünen-Politikerin geht davon aus, dass sich Extremwetterereignisse wie Dürren und Starkregen wegen des Klimawandels künftig häufen. Ein Patentrezept zur Vermeidung von Ernteverlusten indes kann auch Dalberts Haus den Landwirten nicht an die Hand geben.

Je nach Standortfaktoren sollten Bauern auf wasser- und bodenschonende Anbauverfahren setzen, trockenheitsresistente Sorten anbauen oder beim Anbau auf verschiedene Feldfrüchte setzen, teilte das Ministerium auf Anfrage mit. Die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) stehe den Landwirten dabei beratend zur Seite.

Bauernverbandspräsident Olaf Feuerborn hält die Empfehlungen nur bedingt für hilfreich: „In diesem Jahr hätten wir anbauen können, was wir wollen. Die Böden waren einfach zu trocken.“ Es sei ein Wunder, dass überhaupt etwas geerntet werden konnte. Hinzu komme: Wer im nächsten Jahr auf trockenheitsresistente Feldfrüchte setze, könne bei einem Sommer mit Starkregen schnell danebenliegen.

Mit Blick auf den Rat, wasserschonender anzubauen, verweist Feuerborn auf die Debatte um das Verbot des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat. Es sei eben gerade das Glyphosat, das wiederholtes Pflügen unnötig mache und damit den Verlust von Bodenwasser vermeide.

Um mehr Alternativen bei der Sortenwahl zu erhalten, fordert der Verbandschef darüber hinaus mehr Offenheit für neue Forschungsmethoden wie das sogenannte Crispr-Verfahren. Dabei können Pflanzen durch das gezielte Herausschneiden von Gensequenzen rascher als bislang auf gewünschte Eigenschaften – wie Trockenheitsresistenz – hin gezüchtet werden. Dalbert hatte zuletzt auf die Einordnung der Methode als Gentechnik verwiesen und steht ihr skeptisch gegenüber.

Nach der Rekord-Dürre bekräftigt der Bundesbauernverband derweil seine Forderung nach einer sogenannten Risikorücklage. Die Idee: Aus einem Teil ihres Gewinns sollen Bauern ohne Steuerlast Rücklagen bilden dürfen, aus denen sie in Krisenzeiten schöpfen können. Ob das Instrument geeignet ist, wollen die Länderagrarminister am 26. September in Bad Sassendorf (Nordrhein-Westfalen) diskutieren. Auf Initiative Sachsen-Anhalts hatte die Konferenz den Bund erst im Frühling um eine Expertise zum Thema gebeten.

Die Chancen dafür, dass die Rücklage kommt, stehen derweil schlecht: Sowohl das Bundesumwelt- als auch Bundesfinanzministerium teilten gestern mit, sie hielten das Instrument wegen rechtlicher Bedenken und geringer Effekte nicht für sinnvoll.