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Lebensraum "Hotspot" Streuobstwiese in Sachsen-Anhalt

Viele Streuobstwiesen gibt es in Sachsen-Anhalt nicht. Sie scheinen aus der Zeit gefallen, sind oft verwildert.

01.05.2020, 23:07

Magdeburg (dpa) l Auf den rund 5000 Hektar Streuobstwiesen in Sachsen-Anhalt kreucht und fleucht es besonders viel. Auf den urigen Obstwiesen fühlten sich teils vom Aussterben bedrohte und streng geschützte Tier- und Pflanzenarten sehr wohl, teilte das Magdeburger Umweltministerium mit Verweis auf einen 400-seitigen Wissenschaftsbericht des Landesamtes für Umweltschutz mit, der jetzt veröffentlicht wurde. 40 Experten hätten über mehrere Jahre Streuobstwiesen im Land untersucht und 3627 Arten nachgewiesen. Laut Ministerium stehen davon 522 Arten auf der Roten Liste Sachsen-Anhalts und 363 auf der Roten Liste Deutschlands. 

Die Experten hätten unter anderem Spinnen, Würmer, Schmetterlinge, Lurche, Vögel und Fledermäuse untersucht, aber auch Moose, Pilze und Flechten. Nicht alle Obstsorten konnten demnach wegen des Alters und Pflegezustands der Bäume bestimmt werden. Gelungen sei es, 71 Apfelsorten, 27 Birnensorten, 11 Süßkirsch- und 2 Pflaumensorten zu bestimmen. Auch Sauerkirsch- und Walnussbäume seien vereinzelt entdeckt worden, hieß es. "Streuobstwiesen stellen einen Hotspot der Biodiversität dar", heißt es in der Publikation.

In das Werk seien Grunddaten und Untersuchungen von Ehrenamtlichen eingeflossen. Es zeigt laut Ministerium "einen im deutschlandweiten Vergleich einzigartigen Wissensstand zur Ausstattung dieses geschützten Biotoptyps." Streuobstwiesen sind flächenhafte Bestände hoch- oder halbstämmiger Obstbäume auf Dauergrünland. Sie gehören zu den gesetzlich geschützten Biotopen. In Sachsen-Anhalt gibt es viele Streuobstwiesen im Süden, etwa in den Regionen Mansfeld-Südharz, Burgenlandkreis und Saalekreis.

"Streuobstwiesenpflege ist praktischer Naturschutz", sagte Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne). "Sie müssen gepflegt und bewirtschaftet werden, sonst verlieren wir sie." Das Land biete verschiedene Fördermöglichkeiten an. Schwerpunkt seien ökologische und landschaftsästhetische Gründe, die erwerbsmäßige Nutzung durch den Obstverkauf spiele eine geringe Rolle. Das Landesamt für Umweltschutz sei oberste Förderberatungsstelle, hieß es.

Bauern nutzten Streuobstwiesen früher für die Obstversorgung. Die Bäume standen meist auf Grünland, auf dem Tierfutter angebaut wurde. Dann wurden die wilden Obstwiesen immer weniger genutzt, teilweise wurden sie wegen des hohen Pflegeaufwands und der meist niedrigen Erträge gar nicht mehr bewirtschaftet. Die Folge: Viele Streuobstwiesen verbuschten, die Bäume "vergreisten". Nun würden sie wieder verstärkt ein Teil der Kulturlandschaft werden, hieß es.