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Lehrer-Pranger Ist das AfD-Meldeportal rechtswidrig?

Das AfD-Meldeportal "Neutrale Schule" wurde in Mecklenburg-Vorpommern verboten. Auch in Sachsen-Anhalt gibt es Kritik am "Lehrer-Pranger".

16.09.2019, 23:01

Magdeburg l Das AfD-Meldeportal „Neutrale Schule“ ist in Mecklenburg-Vorpommern verboten worden. Der Grund: Die Verarbeitung von Daten, aus denen die politische Meinung hervorgeht, sei untersagt, so der Landesdatenschutzbeauftragte Heinz Müller. Die veröffentlichten Passagen, in denen zur Meldung aufgefordert wird, müssen bis zum 20. September entfernt werden. Sonst droht ein Zwangsgeld.

Auch in Sachsen-Anhalt ist die Plattform laut Rechtsanwalt Lars Hänig „rechtswidrig“. Zwar müssen Schüler oder Eltern einer Datenschutzerklärung zustimmen. Problem nur: Es werden Daten eines Dritten, in diesem Fall Lehrer, erhoben. Als besondere Kategorie personenbezogener Daten steht die politische Meinung jedoch unter besonderem rechtlichen Schutz. Bereits im November 2018 hatte der Grüne-Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel ein Gutachten beim Gesetzgebungs- und Beratungsdienst in Auftrag gegeben. Demnach gebe es durchaus rechtliche Bedenken. Auch Harald von Bose, Landesdatenschutzbeauftragter, sieht das AfD-Meldeportal kritisch und äußerte „rechtliche Zweifel“. Die Kerntätigkeiten im Landesparlament unterliegen aber nicht seiner Aufsicht. Aus einem Beschluss der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden im September geht hervor, dass die DSGVO bei parlamentarischen Kerntätigkeiten keine Anwendung findet.

Während in Mecklenburg-Vorpommern der AfD-Landesverband das Meldeportal auf den Weg brachte, war es in Sachsen-Anhalt die Landtagsfraktion der Partei. Ein rechtlich durchaus relevanter Unterschied. „Es kann nicht sein, dass Fraktionen sich mit ihren Aktivitäten datenschutzrechtlich im rechtsfreien Raum bewegen“, kritisierte Striegel, der von einem „Petzportal“ spricht. Von Bose sagt: „Es gibt in diesem Bereich keinen rechtsfreien Raum.“ Lehrer könnten privat dagegen vorgehen, Auskünfte oder eine Löschung ihrer Daten verlangen.

„Meldungen von Lehrern, die sich durch das Portal beeinträchtigt fühlen, liegen uns nicht vor“, erklärte Stefan Thurmann, Sprecher des Bildungsministeriums Sachsen-Anhalt. Vereinzelt würden Briefe von AfD-Funktionsträgern eingehen, mit dem Inhalt, dass Äußerungen von Lehrern im Unterricht gerügt werden. Ob diese Anfragen auf Eintragungen im Meldeportal beruhen, könne nicht beurteilt werden.

Eva Gerth, Landeschefin der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, hofft auch in Sachsen-Anhalt auf eine „erneute, gründliche Prüfung des Portals“. Ihr Kollege Torsten Wahl, Vorsitzender des Landesverbandes Bildung und Erziehung, erklärte: „Ich warte schon lange darauf, dass da juristisch eingeschritten wird.“

„Das Thema ist noch nicht zu Ende“, so von Bose. Demnach beschäftige sich der Landtag von Sachsen-Anhalt in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium bereits mit einem Gesetzesentwurf, der dem Landesdatenschutzbeauftragten auch im Parlament mehr Zuständigkeiten einräumen soll.

Nach dem Vorbild anderer Bundesländer können Schüler und Eltern auf dem Portal der AfD seit November Verstöße von Lehrern gegen das politische Neutralitätsgebot melden. Aus einer MDR-Presseanfrage im Februar 2019 ging hervor, dass es bisher 5600 Meldungen gab – nur 62 waren ernst gemeint. „Wenn die AfD wirklich etwas Substanzielles in der Hand hätte, wüssten wir es doch längst“, so Gerth. „Die Schulen gehen bislang sehr gut damit um.“