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Lehrermangel Linke fordert Austausch von Tullner

Die oppositionelle Linke hat mit Bildungsminister Tullner abgerechnet: Sachsen-Anhalts Fraktionschef Lippmann fordert einen Autausch.

26.09.2019, 23:01

Magdeburg l In seiner Rede wandte sich Lippmann erst gar nicht an Marco Tullner. Stattdessen sprach er direkt Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) an: „Suchen sie sich einen Bildungsminister, der von Schule etwas versteht und der einen Plan hat, wie er die Karre aus dem Dreck bekommt.“ Tullner habe die Schulen in eine „existenzielle Krise“ gesteuert. Kritik an ihn zu richten, sei offenkundig zwecklos, sagte Lippmann.

Anlass für den Ärger des Fraktionschefs war die maue Ausbeute der Lehrergroßausschreibung vom Februar. Trotz fast 900 ausgeschriebener Stellen hatten zum ersten Schultag im August nur 317 neue Lehrer vor den Klassen gestanden. 157 voll ausgebildete Lehrer erhielten zunächst keine Stelle.

Bei einem Bedarf von mehr als eintausend Neueinstellungen strampele sich das Schulamt dennoch weiter damit ab, jede Stelle einzeln auszuschreiben, um dann monatelang nutzlose Ranglistenverfahren durchzuführen, kritisierte Lippmann. Dass es schneller und besser geht, zeige Thüringen. Von 1200 zu besetzenden Stellen in diesem Jahr seien dort im August 851 besetzt gewesen. Lippmann: „Da kann man doch nur staunen.“

Der Linke-Politiker forderte von Haseloff einen Masterplan gegen Lehrermangel: Es brauche eine Dauerausschreibung mit regionalen Stellen für das gesamte Jahr, mindestens 400 neue Lehramtsstudienplätze und die Rückkehr des SPD-Mannes Torsten Klieme auf den Chefposten des Schulamts.

Tullner hatte den als unbequem geltenden Klieme 2016 nur Tage vor Ablauf von dessen Bewährungszeit überraschend versetzt und sich so den Zorn der SPD zugezogen.

Tullner räumte ein: „Niemand bestreitet, dass wir im Lehrermangel angekommen sind. Ihre Grundthese aber, dass da draußen Lehrer herumlaufen und wir zu doof sind sie einzustellen, stimmt einfach nicht“, sagte er an Lippmann gerichtet. Und weiter: „Sie haben keine Ahnung im Detail. Hören sie auf, Unwahrheiten zu verbreiten.“

Der CDU-Politiker verwies auf zahlreiche Strategien seines Hauses zur Verringerung des Mangels: So gebe es inzwischen 1000 Erstsemesterplätze für Lehrer, die Zahl der ausgeschriebenen Stellen sei enorm erhöht worden. Es gebe Aufweichungen bei der Vorgabe der Fachkombinationen für Stellen. Ausschreibungen seien für Seiteneinsteiger wie Diplomer und Bachelor geöffnet worden. Am Montag starte eine Spezialausschreibung für Stellen an Sekundar- und Gemeinschaftsschulen, für die es Zulagen von je rund 500 Euro geben werde. Im November würden im Online-Portal zudem auch dauerhafte Stellenauschreibungen ausgewiesen.

Tullner sagte erstmals in dieser Deutlichkeit aber auch: „103 Prozent Unterrichtsversorgung werden wir nicht erreichen. Das ist klar wie Kloßbrühe.“

Die Kenia-Koalition hatte den Wert ausdrücklich in den Koalitionsvertrag geschrieben, um Ausfall etwa bei Krankheit vermeiden zu können. Ein Sprecher ergänzte später: Natürlich bleibe es beim 103-Prozent-Ziel im Koalitionsvertrag, es sei wegen der Fakten derzeit aber nicht zu erreichen. Auch von den Koalitionspartnern erhielt Tullner wenig Rückendeckung. Sie komme sich vor wie der Hauptdarsteller im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, sagte SPD-Bildungspolitikerin Angela Kolb-Janssen. „Meine Fraktion macht ununterbrochen Vorschläge, um die Situation zu verbessern. Leider folgen nur ungenügend Taten.“ Grünen-Politiker Wolfgang Aldag erklärte: „Wir brauchen kein Klein-Klein, sondern endlich ein Maßnahmenpaket für gute Bildung.“ Aldag forderte, Schulleitungen müssten bei der Stellenbesetzung direkter mitentscheiden können.

AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider sprach von einer Scheindebatte. „Wir brauchen nur so viele Lehrer, weil an den Schulen ein linker Ungeist mit Integration und Inklusion herrscht“, sagte er.

Am Ende der Debatte ging CDU-Politikerin Angela Gorr hart mit Linke-Fraktionschef Lippmann ins Gericht: „Ihre Wortwahl ist ungeheuerlich und eine Frechheit gegenüber Herrn Tullner“, sagte sie. Die Politik des Ministers sei als Erfolg zu werten. Nie seit Anfang der 90er Jahre seien im Land so viele Lehrer eingestellt worden.