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Lehrermangel Sachsen-Anhalt sucht knapp 900 neue Lehrer

Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) geht mit der bislang größten Lehrer-Ausschreibung im Land in die Offensive.

Von Michael Bock 18.02.2019, 15:10

Magdeburg l Erst vor wenigen Wochen schlugen Eltern in Sachsen-Anhalt Alarm: Zunächst fiel der Unterricht an der Grundschule in Dabrun (Landkreis Wittenberg) wegen erkrankter Lehrer einige Tage komplett aus, dann unterrichteten zeitweise sogar Siebtklässler jüngere Schüler.

„Die Herausforderungen des Lehrermangels sind groß“, sagte gestern Bildungsminister Tullner. Mit der bislang größten Ausschreibung für neue Lehrer will das Land gegensteuern. Insgesamt stehen laut Tullner 895 Stellen zur Verfügung, die zu Beginn des neuen Schuljahres besetzt sein sollen. Dem Bildungs­ministerium zufolge liegt der Schwerpunkt auf Sekundarschulen (252 Stellen), gefolgt von Grundschulen (170), Gymnasien (147) und Gemeinschaftsschulen (138). Für 57 schwer zu besetzende Stellen ist eine Zulage von rund 500 Euro brutto im Monat eingeplant. Seit dem 1. Januar kann dieser Bonus nicht nur angestellten, sondern auch verbeamteten Lehrern angeboten werden. Als schwer besetzbar gilt eine Stelle, wenn es in zwei Ausschreibungsrunden keinen Bewerber gab.

Angesprochen werden sollen vor allem Referendare und ausgebildete Lehrer. Das Land will sich aber auch weiter für Quereinsteiger öffnen. Tullner sagte, er sei zuversichtlich, alle Stellen besetzen zu können.

Die Suche nach Pädagogen wird unterstützt durch eine 200.000 Euro teure Werbekampagne unter dem Slogan „#Weltenretter. Rette jeden Tag ein Stück der Welt“. Sachsen-Anhalt befindet sich in einem harten Wettbewerb. Bundesweit werden allein in diesem Jahr 32.000 Lehrer gebraucht, 3300 mehr als vorhanden. In Sachsen-Anhalt konnten 2018 laut Tullner 1050 Lehrer neu eingestellt werden. Zugleich schieden rund 800 Lehrer aus, etwa durch Rente oder Kündigung. In diesem Jahr plant Tullner eine ähnlich hohe Einstellungszahl wie 2018.

Aus Sicht der Bildungsgewerkschaft GEW reichen die geplanten Neueinstellungen nach wie vor nicht aus. Es gelinge bestenfalls, ausscheidende Lehrer zu ersetzen, sagte Landes­chefin Eva Gerth. Auch in den nächsten Jahren sei mit einer angespannten Situation an vielen Schulen zu rechnen.

Linke-Fraktionschef Thomas Lippmann hält 1000 Einstellungen für „zu unambitioniert“. In diesem Jahr liege der Stellen-Bedarf bei mindestens 1300. „Die schlimmsten Unterrrichtsausfälle stehen den Schulen jetzt bis Ostern bevor“, sagte er. 

Tullner hat bereits eingeräumt, dass 1000 Einstellungen keine sofortige Verbesserung der Unterrichtsversorgung mit sich bringen. Ein Grund: Viele junge Kollegen gehen demnächst in Elternzeit oder sind in dieser Phase. Ihre Zahl hat sich in den letzten drei Jahren fast verdreifacht, auf zuletzt fast 400. Zudem ist die Schülerzahl im Vergleich zum Vorjahr erneut um etwa 1000 auf 177.000 gestiegen.

Eigentlich will Sachsen-Anhalt so viele Pädagogen beschäftigen, dass rechnerisch 103 Prozent aller Unterrichtsstunden gegeben werden können. Die drei Prozentpunkte Puffer sollen etwa Vertretungslösungen für erkrankte Kollegen ermöglichen. Doch zu Beginn des laufenden Schuljahres ging der statistische Wert trotz Neueinstellungen zurück und fiel sogar knapp unter die 100-Prozent-Marke. Eine Expertenkommission hat indes errechnet, dass bis 2031 im Schnitt jährlich 730 Lehrer ausscheiden. Parallel dazu werde die Zahl der Schüler noch bis 2023/24 steigen.