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Leseranwältin Der falsche Titel von Honecker unterm Bild

25.08.2025, 07:00
Leseranwältin Heike Groll
Leseranwältin Heike Groll VS

Fehler in der Zeitung sind ärgerlich und am besten von vornherein zu vermeiden. Wenn aber trotz Kontrollen etwas durchgerutscht ist, sollte man es nicht wenigstens im Nachhinein richtigstellen? Na klar! werden die meisten spontan sagen. Umso größer die Enttäuschung, wenn man als Leser einen Fehler entdeckt – in diesem Fall in einer Bildunterschrift die historisch falsche Bezeichnung „DDR-Staatssekretär“ für Erich Honecker -, die Redaktion darauf hinweist und nichts geschieht. Wie kann das sein?

Jeder weiß aus Privat- und Berufsleben: 100 Prozent aller Fehler zu korrigieren, ist unmöglich. Es würde Menschen überfordern und in kürzester Zeit Abläufe zum Stillstand bringen. Null Prozent zu bereinigen, wäre ebenso verheerend. Wenn man nicht sicher sein kann, dass Redaktionen alles tun, um Falschinformationen nicht (weiter) zu verbreiten, stirbt die Glaubwürdigkeit, wichtigste Grundlage des Journalismus. Fehler offenzulegen, schafft und bewahrt Vertrauen.

Was also, von juristisch Relevantem abgesehen, ist zu korrigieren? Üblicherweise werden sprachliche und stilistische Ungenauigkeiten – alles, was den Inhalt nicht wesentlich verfälscht – stillschweigend berichtigt, sofern möglich (bei einer bereits gedruckten Zeitung schwierig). Falsche Tatsachenbehauptungen, insbesondere über Personen, sind hingegen laut Pressekodex „in angemessener Weise richtigzustellen“. Je geringer die Tragweite eines Fehlers, desto dezenter darf die Korrektur ausfallen.

Redaktionen interpretieren den Spielraum zuweilen weit und lehnen ab, weil ein Fehler zu geringfügig erscheint oder die Veröffentlichung zu lange her ist. Man kann darüber streiten, ob dies dem Fall oben gerecht wird. Fest steht: Die KZSE-Schlussakte von Helsinki 1975 hat kein nachgeordneter Minister oder Staatssekretär unterschrieben, das taten unter anderem, wie das Bild zeigte, ein Bundeskanzler und ein Vorsitzender des Staatsrats der DDR.