LeseranwältinBeleidigungen stehen an der Tagesordnung
Der Tonfall in den sozialen Medien und im Umgang miteinander wird immer rauer. Auch die Medien stehen vermehrt unter Kritik. Warum diese es oftmals nur in bestimmter Form in die Zeitung schafft.

Magdeburg - In Berichten müssen Journalisten ausgewogen und sachlich die Fakten und verschiedenen Sichtweisen auf ein Thema darstellen. In Kommentaren dürfen sie ihre eigene Position beziehen, in der Volksstimme tun sie dies zum Beispiel auf der Seite 4 und in den Lokalteilen. Klare Meinungen fordern oft klaren Widerspruch bei Leserinnen und Lesern heraus. Wenn in kritischen Zuschriften der Name des jeweiligen Redaktionsmitglieds genannt wird, dann veröffentlichen wir dies in der Regel so auf der Leserseite. Denn wer hart in der Sache austeilt, muss hart in der Sache einstecken können.
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Wir beobachten allerdings, dass der Tonfall keineswegs nur in den viel kritisierten sozialen Medien, sondern auch in etlichen klassischen Zuschriften über die Jahre erheblich rauer geworden ist. Er spiegelt ein gesellschaftliches Klima wider, wie es viele andere öffentlich geführte Auseinandersetzungen prägt. An der Tagesordnung sind mittlerweile Begriffe wie „Schwachsinn“, „Dödel“, „geistiger Müll“, „Idiot“, von noch drastischeren Beispielen zu schweigen.
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Persönliche Herabwürdigungen gehören vor allem aus zwei Gründen nicht in die Zeitung. Zum einen haben alle Menschen, auch Journalistinnen und Journalisten, das Recht auf den Schutz ihrer persönlichen Ehre. Zum anderen würde jede Veröffentlichung einen fatalen Zirkel der negativen Verstärkung in Gang setzen: Wenn eine beleidigende Formulierung in der Zeitung steht, entsteht der Eindruck, dass sie ja anscheinend doch irgendwie in Ordnung geht – was wiederum andere ermuntert, ins gleiche Horn zu stoßen und die Lautstärke jedes Mal ein bisschen weiter aufzudrehen. Das Ergebnis wäre noch mehr lautes Geschrei statt echter Diskussion.
Noch einmal: Ob Journalisten, Politiker oder Promis, jeder, der in der Öffentlichkeit steht, muss sich öffentlich Kritik gefallen lassen – solange sie der Devise „hart, aber höflich“ folgt.