Leseranwalt Ohne Untertitel ist der TV nutzlos
Was anderen wenig wichtig erscheint, ist für Menschen mit Behinderung oft von großer Bedeutung. Zum Beispiel der Bildschirmtext für Gehörlose.

Magdeburg/CLT. - Mit einem speziellen für ihn sehr bedrückenden Problem wandte sich ein Leser aus Salzwedel an die Redaktion. Er lebe in einer kleinen Genossenschaftswohnung. Dort wurde im vergangenen Jahr das Kabelfernsehen abgestellt. „Wir Mieter mussten uns selbst um eine Lösung kümmern, um weiter Fernsehen zu können und man empfahl uns, Magenta TV zu bestellen“, berichtet er. Das habe er auch getan. Mit der Einrichtung habe es große Probleme gegeben und trotz mehrerer Besuche des Fachbetriebes funktioniere es nach Monaten noch immer nicht richtig.
Unbrauchbarer Fernseher
Warum ist das für den 82-jährigen alleinstehenden Wittwer so wichtig? Als Gehörloser habe er bisher am gesellschaftlichen Leben durch das Fernsehen mit Untertiteln gut teilnehmen können. Besonders wichtig waren ihm die Informationen aus Sachsen-Anhalt durch den MDR. Das sei ihm nun verwehrt, weil er dieses Programm nur noch ohne Untertitel empfangen konnte. „Die Nutzung ist für mich so unbrauchbar“, heißt es in seinem Hilferuf an die Redaktion.
Wir haben den für Sachsen-Anhalt zuständigen Pressesprecher der Telekom, Georg von Wagner, kontaktiert, der einige Installationshinweise für Magenta TV übermittelte (siehe Infokasten) und weitere Hilfe anbot, falls es dann noch immer nicht funktioniere. Das war aber nicht mehr nötig, denn inzwischen hatte sich die Sache erledigt. Er könne die Untertitel des MDR wieder empfangen, teilte uns ein freudestrahlender Leser wenig später mit. Woran es lag, weiß er bis heute nicht. Vielleicht nur ein vorübergehender technischer Defekt? Also letztlich viel Aufregung um nichts?
„Keinesfalls“, sagt Marcus Graubner. Denn das Beispiel sei exemplarisch für viele. Für Menschen mit Behinderungen gebe es oft große Hürden, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, ohne dass andere davon Kenntnis nehmen oder es ihnen auch nur bewusst ist, weiß der Vorsitzende des Allgemeinen Behindertenverbandes in Deutschland (ABID). Oft fänden sich die Betroffenen damit ab und blieben so ausgeschlossen. Der Leser habe genau richtig gehandelt, indem er immer wieder eine Lösung des Problems eingefordert habe.
Recht auf Teilhabe
„Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf Teilhabe“, sagt der Interessenvertreter. Das sei schon im Grundgesetz und in zahlreichen weiteren Rechtsvorschriften verbrieft. Dazu gehöre der Zugang zu Informationen.
Die meisten TV-Sender böten für Hörgeschädigte bei vielen Sendungen Untertitel, Audiodeskription (Bildbeschreibungen) oder „Übersetzung“ in Gebärdensprache an. Der Verbandsvorsitzende lobt hier insbesondere den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der MDR hat dafür sogar eine eigene Redaktion, die unter der Adresse mdr.de/barrierefreiheit/index.html zu finden ist.
Informationszugang für Gehörlose sei aber nur ein Beispiel. Das Thema Barrierefreiheit werde leider in vielen Bereichen nicht ernst genommen. Dabei betreffe es nicht nur Menschen mit Behinderungen. So bringe ein monatelang defekter Fahrstuhl für Rollstuhlfahrer eine unüberwindliche Hürde. „Frauen mit Kinderwagen sind genauso betroffen“, weiß Graubner. Ein großes Problem: „Die Leute wehren sich oft nicht. Aber man muss so etwas nicht hinnehmen“, sagt er entschlossen.
Ansprechpartner seien zunächst die unmittelbar Zuständigen, wie in diesem Fall der Vermieter und Magenta TV oder in anderen Fällen etwa die Bahn oder Kommunen.
Wer dort auf taube Ohren stößt und nicht weiter kommt, könne ihn gern einschalten und um Unterstützung bitten, sagt der ABID-Vorsitzende (abid-ev.de). Ein anderer Ansprechpartner sei der Behindertenbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt Christian Walbach (behindertenbeauftragter.sachsen-anhalt.de). Laut Auftrag fungiert der als Bindeglied zwischen Menschen mit Behinderungen und Verwaltung.