Leseranwältin Was eine Info „unter Drei“ Wert ist
Wenn sich Profis unterhalten, verstehen Außenstehende manchmal nur Bahnhof. Jede Berufsgruppe hat ihre speziellen Floskeln. Man weiß, was gemeint ist, und braucht darum nur ein, zwei Worte, um sich präzise zu verständigen. Journalistischer Fachjargon ist es beispielsweise, wenn ein Gesprächspartner einem Journalisten etwas „unter 3“ sagt. Redakteurinnen und Redakteure wissen dann: Sie müssen diese Information vertraulich behandeln, sie dient allein der Hintergrundinformation und hilft, Themen besser einzuschätzen. Eine Auskunft „unter 2“ dürfen Journalisten verwenden und daraus zitieren, jedoch ohne die Quelle offenzulegen. In einem Artikel ist dann beispielsweise von „Kreisen“ die Rede. Eine Information „unter 1“ darf beliebig verwendet und offen zitiert werden.
Die Formeln basieren auf dem Vertrauen der Beteiligten darauf, dass alle die bewährten Umgangsregeln einhalten. Nachlesen kann man sie als 1., 2. und 3. Punkt in Paragraf 16 der Satzung der Bundespressekonferenz. Diese ist keine staatliche Einrichtung, sondern der Verein, in dem sich die Parlamentskorrespondenten, also Journalistinnen und Journalisten, zusammengeschlossen haben.
Juristisch einklagbar sind die Formeln nicht, verbindliche Wirkung entfalten sie gleichwohl. Zu viel stünde bei einem Verstoß auf dem Spiel: Welcher Gesprächspartner würde Journalisten, die Vertraulichkeit gebrochen haben, noch irgendeine Information von Belang zuspielen? Abgesehen davon, dass Informanten in heiklen Fällen massive Nachteile befürchten müssten, würde ihre Identität öffentlich bekannt. Allzu geschmeichelt fühlen sollten sich Medienvertreter allerdings nicht, insbesondere wenn sie „unter 2“ ins Vertrauen gezogen werden. Wer eine Information auf diese Weise preisgibt, kann aufrichtig vom Wunsch getrieben sein, ein schwieriges Thema verantwortungsvoll in die Öffentlichkeit zu bringen. Vielleicht will er die Information aber auch bewusst lancieren, um etwa dem politischen Gegner auf medialem Umweg in die Parade zu fahren.