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Luther-Jahr Das Pannen-Schloss von Wittenberg

Ende August hätte das Wittenberger Schloss fertig sein sollen, doch noch immer drehen sich Baukräne. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Von Hagen Eichler 24.08.2016, 01:01

Wittenberg l Zwei Staatsoberhäupter werden kommen, die sanierte Schlosskirche wird strahlen – doch eigentlich wären alle Festgäste mit einem Bauarbeiterhelm am passendsten gekleidet. Denn wenn Bundespräsident Joachim Gauck und Dänemarks Königin Margrethe II. am 2. Oktober die Schlosskirche nach drei Jahren wiedereröffnen, ist eines nicht mehr zu verbergen: Das historische Areal neben Luthers Thesentür ist eine Großbaustelle. Noch immer.

Die weltberühmte Schlosskirche ist zwar fertig saniert. Doch nach den Plänen der Bauherren sollen künftig alle Besucher das Gotteshaus durch das angrenzende Schloss betreten. Dafür entsteht ein neues Besucherzentrum. Bis Weihnachten 2015 sollte der ganze Komplex ursprünglich fertig sein. Zuletzt wurde August 2016 als Datum genannt. Doch noch immer stehen Kräne an der Schlossbaustelle. Der Südflügel ist eingerüstet, ein Anbau noch lange nicht bezugsfähig.

Die Kirche als künftiger Hauptnutzer glaubt nicht an einen schnellen Abschluss der Arbeiten. „Ich fürchte, das wird noch bis zum Frühjahr dauern“, sagt Thomas Begrich von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Die Großbaustelle ist der wichtigste Beitrag des Landes zum anstehenden Reformationsjubiläum im Jahr 2017. Doch Bauherr im Schloss ist die Stadt Wittenberg. Die Verzögerungen seien nicht kalkulierbar gewesen, beteuert Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos). „Wir hatten vom ersten Moment an immer wieder Überraschungen in der Bausubstanz.“

Bei einem Wanddurchbruch habe man meterdicke Findlinge gefunden, die aufwendig zersägt werden mussten. Baufirmen hätten Probleme gemacht und den engen Terminplan gesprengt. Zeitraubend sei auch die Abrechnung von Fördermitteln gewesen.

Zuletzt war Ende Juli bei einem Starkregen auch noch Wasser in das Gebäude gesickert. „Man wird also bei der Eröffnung auf jeden Fall sehen, dass das eine Baustelle ist“, kündigt Zugehör an. Für den königlichen Gast aus Dänemark ist ein provisorischer Zugang geplant.

Im Evangelischen Predigerseminar, dem künftigen Hauptnutzer des Schlosses, liegen die Nerven blank. Seit Jahren leben und lernen die angehenden Pfarrer aus vier Landeskirchen in Provisorien. Wegen der Verzögerung müssen nun erneut andere Räume her. „Wir sind sehr angespannt“, sagt Direktorin Hanna Kasparick. Sie hofft, dass sie Anfang November ins Schloss ziehen kann. Sicher ist das nicht.

Die Verzögerungen bringen deutliche Mehrkosten – zu tragen vom Land. „Das ist historische Bausubstanz, da lassen sich die Kalkulationen nicht einhalten“, sagt Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Als Wittenberger hat er die Baukräne täglich vor Augen.

Teurer wird nicht nur das Schloss, sondern auch das Augusteum, das Hauptgebäude der einstigen Universität Wittenberg. Genaue Zahlen dazu konnte die Staatskanzlei am Dienstag nicht vorlegen. „Einige Millionen Euro“ müsse das Land für Schloss und Augusteum noch zusätzlich aufbringen, sagte Haseloff.