Mehr Kranich-Brutpaare in Sachsen-Anhalt
Kraniche sind "Vögel des Glücks." Ihre lautstarke Rückkehr läutet den Frühling ein. Sachsen-Anhalt ist für die Tiere ein immer beliebterer Brutplatz. Ein Kranich-Hotspot im Land hat europaweit große Bedeutung.
Magdeburg/Roßla (dpa/sa) - Immer mehr Kraniche ziehen in Sachsen-Anhalts ausgedehnten Flachwasserzonen und Feuchtgebieten ihren Nachwuchs auf. Die Zahl der Brutpaare im Land ist von 558 in 2017 auf 736 in 2019 gestiegen, sagte Axel Schonert von der Landesarbeitsgemeinschaft Kranichschutz der Deutschen Presse-Agentur. "Dem Kranich geht es gut." An diesem Samstag wollen gut 75 Teilnehmer in Roßla (Landkreis Mansfeld-Südharz) bei der 21. Landeskranichtagung zum Schutz des "Vogel des Glücks" beraten. Auch eine Exkursion an den Helmestausee sei geplant, hieß es.
Der in Sachsen-Anhalt und Thüringen liegende See bei Kelbra ist laut Schonert ein Kranich-Hotspot und für den zentraleuropäischen Kranichzug von enormer Bedeutung. "Man hat schon bis zu 50 000 Vögel gezählt, die dort in einer Nacht gerastet haben", so Schonert. Dank der großen Feuchtgebiete rund um das Gewässer würden sich auch immer mehr Kraniche den Zug nach Spanien oder Südfrankreich sparen und im Winter am Helmestausee bleiben. Wenn kein Schnee liege, gebe es eben keinen Grund für die Vögel, wegzuziehen.
"Schätzungsweise zwischen 10 000 und 15 000 Kraniche verlassen Deutschland im Winter gar nicht mehr", sagte Schonert. Allerdings würden späte Wintereinbrüche dann sehr strapaziös werden und gar zu völligen Brutverlusten führen. Ohnehin würden die meist monogam lebenden Vögel wegen der milden Winter immer früher brüten - oft schon Anfang März statt Anfang April. Generell sei die Reproduktion ein Problem. "Zu viele Paare bleiben ohne Jungtiere", sagte Schonert. Die Gründe dafür lägen vor allem in Wetterextremen, die immer intensiver zu spüren seien. "Auch der Kranich kämpft als Feuchtgebietsart mit dem Klimawandel."
Schonert zufolge ist länderübergreifend zu beobachten, dass die Tiere wieder alte Brutreviere besiedeln. "Zieht man auf der Landkarte eine Linie von Hamburg nach Dresden, war Sachsen-Anhalt bisher das südwestlichste Verbreitungsgebiet. Nun zählt Thüringen wieder zehn Brutpaare." Das sei insofern außergewöhnlich, da Kraniche bei diesen Dingen lange Traditionen pflegen. "Sie werden in freier Wildbahn bis zu 30 Jahre alt, lernen viel und entwickeln in dieser Zeit eine gewisse Standorttreue."
Um mehr über die grazilen Vögel zu lernen, werden seit 2018 auch in Sachsen-Anhalt Jungkraniche beringt. "Im ersten Jahr waren es vier Jungvögel, die wir aufwendig fangen und markieren konnten", sagte Schonert. Darunter sei Kranich Inge gewesen, der 2019 ihr Bruder Jens als Ringträger gefolgt sei. "Insgesamt haben wir im vergangenen Jahr fünf Jungvögel beringt." Inge, Jens und alle anderen lieferten wissenschaftliche Daten und teils neue Erkenntnisse. "Um erfolgreich Kranichschutz betreiben und gegenüber Skeptikern logisch argumentieren zu können, ist das Wissen über die Gewohnheiten der Kraniche sehr, sehr wichtig."
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) beziffert die aktuelle Zahl der Kranich-Brutpaare in Nord- und Ostdeutschland auf rund 9000. Die größten Kranichpopulationen gibt es laut Nabu in Skandinavien, Polen und dem Baltikum. Deutschland sei für die Vögel auf ihrem Weg zwischen Brut- und Überwinterungsgebiet vor allem ein "überlebensnotwendiger Trittstein." Vor allem die Boddenlandschaft Vorpommerns biete Nahrung und Schlafplätze.