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Milliardenloch Sachsen-Anhalt trickst beim Haushalt

Sachsen-Anhalts Minister wollen Haushaltsentwurf vorlegen. Bis zuletzt klaffte eine Lücke von gut 464 Millionen Euro. Nun wird getrickst.

23.09.2019, 23:01

Magdeburg l Die Ausgabenliste der CDU-SPD-Grünen-Regierung von Sachsen-Anhalt ist lang: Mehr Geld für Kitas, Schulen, Straßensanierung, Internetausbau, Behinderten-Hilfe. Die Steuern sprudeln zwar weiterhin, doch längst nicht mehr so kräftig wie in den Vorjahren. Daher hatte die Ministerrunde im Mai eine Ausgaben-Obergrenze beschlossen. Die liegt für 2020 bei 11,7 Milliarden Euro und für das Jahr darauf bei 11,8 Milliarden Euro. Trotz des Deckels liegt mehr Geld in der Landeskasse als in den Jahren zuvor. Dennoch reicht es nicht.

Die Minister hatten ihre Ausgaben im Frühjahr angemeldet. Die überstiegen die Einnahmen deutlich. Bis zum Sommer klaffte ein Finanzloch von 1,9 Milliarden Euro für beide Jahre. In den vergangenen zwei Wochen traf sich Finanzminister Michael Richter (CDU) mit jedem Ressortchef zu Einzelgesprächen. Die Runden waren anstrengend bis nervenaufreibend. Die Ressortchefs sollten die Wunschlisten eindampfen. So hat etwa Verkehrsminister Thomas Webel sein neues Reparaturpaket für kommunale Straßen von 80 Millionen auf 60 Millionen Euro verkleinert. Insgesamt gut eine Milliarde Euro konnte Richter den Ministern abverhandeln. Doch das reicht nicht.

Wie die Volksstimme erfuhr, klaffte bis zuletzt immer noch eine Lücke von fast einer halben Milliarde Euro. Doch zu weiteren Streichungen waren die Ressorts nicht bereit. Nun will die Regierung fünf legale, aber umstrittene Haushalts-Tricks anwenden, um heute dennoch einen ausgeglichenen Etat-Entwurf vorzulegen.

Trick eins: Die Grunderwerbssteuer wird von 5,5 auf 6,5 Prozent vom Kaufpreis erhöht. Das merken vor allem Häuslebauer. Sachsen-Anhalt würde damit zu den teuersten Ländern aufrücken. Billiger ist es etwa in Bayern (3,5%).

Trick zwei: Das Land Sachsen-Anhalt räubert seinen Sparstrumpf völlig. Gut 200 Millionen Euro werden aus den „Allgemeinen Rücklage“ genommen, um geplante Investitionen zu schultern.

Trick drei: Dafür muss der Pensionsfonds herhalten. In den fließen jährlich Gelder, um später die gewaltigen Ansprüche der Landesdiener zu bezahlen. Nun will man die Fonds-Überweisung von 180 Millionen Euro 2020 aussetzen und verschieben.

Trick vier: 2021 sollen wohl 360 Millionen Euro aus der Steuerschwankungsreserve genommen werden. Die ist eigentlich für Krisenzeiten gedacht und mit gut 500 Millionen Euro gefüllt. Eine Krise ist allerdings nicht in Sicht. Die Steuereinnahmen steigen 2021 zwar nicht mehr so steil wie erhofft – aber sie klettern immerhin nach aktueller Schätzung auf 8,9 Milliarden Euro. Das sind 900 Millionen Euro mehr als dieses Jahr. Dennoch reicht das Geld offenbar nicht.

Trick fünf: Pro Jahr wird eine Einsparsumme von 220 Millionen Euro beschlossen – ohne zu wissen, woher genau das Geld kommt. Finanzer nennen das „globale Minderausgabe“.

Trotz einiger Kürzungen und etlicher Kniffe verblieb bis Montagabend noch eine Lücke von gut 50 Millionen Euro. Die soll am Dienstag gestopft werden.

Den größten Kampf gibt es mit dem Sozialministerium von Ministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Größter Streitpunkt ist die Eingliederungshilfe für Behinderte. Es geht um mehr als 450 Millionen Euro im Jahr. Das Ministerium geht von deutlich wachsenden Kosten aus, da mehr Betroffene höhere Ansprüche haben als früher. Das Finanzressort bezweifelt die Prognosen.

Im Oktober 2019 soll der Regierungsentwurf in den Landtag von Sachsen-Anhalt. Das ist ein Monat später als ursprünglich geplant.