Ministerium hat Lippmann-Frage zu Unrecht nicht beantwortet

Dessau-Roßlau (dpa/sa) - Sachsen-Anhalts Regierung hat einem Abgeordneten zu Unrecht eine parlamentarische Frage nicht beantwortet. Das hat das Landesverfassungsgericht am Dienstag in Dessau-Roßlau entschieden. Die Richter gaben dem Linken-Fraktionschef Thomas Lippmann Recht, der sich gegen eine aus seiner Sicht unzureichende Antwort des Bildungsministeriums gewehrt hatte. Konkret ging es um die Frage, wie viele Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2018/2019 in einzelnen Fächern wegen zu wenig Unterricht keine Noten bekamen. Das Ministerium beantwortete das nicht - und verwies auf den zu hohen Aufwand für die Verwaltung.
Das Landesverfassungsgericht ließ dieses Argument nicht gelten. Die Regierung habe nicht einmal versucht, die nötigen Angaben in den Schulen abzufragen, rügte das Gericht in der Urteilsbegründung. Zudem erklärte das Bildungsministerium in seiner Antwort nicht plausibel, dass zur Beantwortung der Anfrage übermäßiger Verwaltungsaufwand hätte betrieben werden müssen.
Es sei das dritte Mal, dass die Landesregierung einen so gelagerten Fall zum Auskunftsrecht der Abgeordneten verliere, sagte Lippmanns Anwältin und Co-Fraktionsvorsitzende Eva von Angern. Es sei ärgerlich, dass dagegen immer wieder der Weg zum Landesverfassungsgericht nötig sei.
Das Bildungsministerium verteidigte sich: "Unser Ziel war es nicht, Abgeordnetenrechte von Herrn Lippmann zu beschneiden", teilte Staatssekretärin Eva Feußner mit. Vielmehr hätte die Beantwortung einer frühen Schätzung zufolge 1000 Stunden Arbeit bedeutet. Ein Problem sei, dass die Gründe für eine fehlende Zeugnisnote nicht eindeutig auf Unterrichtsausfall durch Lehrermangel zurückzuführen seien. Infrage kämen auch Erkrankungen von Schülern und Lehrerinnen oder eine Verteilung von Unterrichtsfächern auf eines von zwei Halbjahren.
Laut Gericht wäre es nicht zwingend nötig gewesen, alle Daten nachträglich zu erheben. Auch eine unvollständige Antwort nach einer Abfrage vorliegender Zahlen könnte die Antwortpflicht erfüllen. Die Richter betonten, dass das Fragerecht der Abgeordneten insbesondere für die Oppositionsvertreter ein unverzichtbares Instrument der Kontrolle ist. Die Regierung müsse daher unverzüglich und nach bestem Wissen und Gewissen antworten.
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Pressemitteilung Landesverfassungsgericht zum Verkündungstermin am 2. Februar 2021