Mtarbeiter-Schreiben Harsche Kritik am Vorstand der Uniklinik
Mitarbeiter der Uniklinik Magdeburg haben einen Brief an die Linksfraktion geschrieben. Darin üben sie harsche Kritik am Klinikvorstand.
Magdeburg l „Wir werfen dem Klinikumsvorstand und dem Aufsichtsrat Führungsversagen und Organisationsverschulden in riesigem Ausmaß vor“, heißt es in dem mit Anlagen 30-seitigen Schreiben. Die Autoren bleiben anonym, bezeichnen sich aber als Gruppe von Mitarbeitern aus allen Bereichen, vor allem aus dem mittleren Dienst.
Man sorge sich um den Fortbestand des mehr als 4000 Mitarbeiter zählenden Klinikums und damit „um unsere Arbeitsplätze“, so die Autoren. Die Kritik zielt vor allem auf zwei Ebenen: Die Wahrnehmung fehlender Lösungen für bauliche Probleme und den Führungsstil des Vorstands. Zum ersten Punkt heißt es: Der Zustand des Uniklinikums sei dem Aufsichtsrat, in dem Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) den Vorsitz hat, hinlänglich dargelegt worden. Hintergrund: 2019 hatten Gutachten erhebliche Brandschutz- und Hygienemängel in mehreren Gebäuden des Klinikums festgestellt – teils mit „höchster Patientengefährdung“.
Damals sei vom Aufsichtsrat zugesagt worden, Probleme mit höchster Priorität zeitnah zu lösen. „Passiert ist aber nichts“, heißt es im Schreiben. Beispiel: Das Hautklinik-Gebäude, dessen Erneuerung 2019 ganz oben auf der Liste stand, werde in neuen Zielvereinbarungen nicht einmal mehr erwähnt. „Es wird jeden Monat eine neue Sau durchs Dorf getrieben“, heißt es weiter.
Das Versagen des Aufsichtsrats werde verstärkt durch den „unfähigen Klinikumsvorstand“. Dem Ärztlichen Direktor Hans-Jochen Heinze und der kaufmännischen Direktorin Kerstin Stachel fehle die Erfahrung. Beide hätten ein „Horrorregime“ aufgebaut. Aus Angst vor Repressalien traue sich niemand, Kritik zu äußern. Verdiente Ärzte hätten aufgegeben oder seien gekündigt worden. Der Klinikchef trete als „Besser-Wessi“ auf, sei für sexistische Sprüche bekannt. Unter Stachel hätten in der Verwaltung rund 50 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verloren.
Der Vorstand wies vor allem persönliche Kritik zurück. Frust etwa wegen der Belastungen durch die Pandemie sei verständlich, sagte Heinze. Mängel aber seien behoben und es gebe einen exakten Bauplan. Der Klinikchef verwies auf den vollzogenen Start mehrerer Groß-Projekte. So solle 2026 das neue Herzzentrum fertig sein.
Wer und wie viele Mitarbeiter stehen hinter dem Brief? Öffentlich äußern wollte sich niemand. Vom Personalrat – Stimme von 3500 Mitarbeitern – hieß es: Kritik am Führungsstil könne man nachvollziehen. Der Vorstand betreibe zu oft eine „Basta-Politik“. Das Schreiben sei aber auch gefärbt von persönlicher Antipathie. So stimme nicht, dass Heinze sexistisch auftrete.
Ein Arzt meinte, vor allem die Kritik an der baulichen Entwicklung treffe zu. Es fehle ein Plan für dringend benötigte neue Häuser: „So, wie das Klinikum gefahren wird, ist das ein Todesurteil“, sagte er. Der Brief trifft das Haus in unruhiger Zeit: Neben Baumängeln gab es schon vor der Pandemie ein Millionen-Defizit. Zuletzt gab das Haus Hunderte Falschbefunde in der Pathologie bekannt.
Der Vorstand des Uniklinikums nennt vor allem die persönliche Kritik im anonymen Brief an die Links-Fraktion unfair. Möglichen Frust erklärt er mit einer insgesamt schwierigen Lage:
● Klinikchef Hans-Jochen Heinze sagte: Ein aktueller Grundkonflikt sei, dass das Uniklinikum trotz Pandemie weiter den Auftrag wahrnimmt, planbare Eingriffe wie Krebs- und Schmerzbehandlungen auszuführen. Tatsächlich sorgte das Thema schon im Herbst für Konflikte. Der Personalrat forderte damals – nach eigenen Angaben unterstützt von Klinikdirektoren – den Normalbetrieb zu Gunsten der Corona-Behandlung herunterzufahren, um Doppelbelastungen zu senken. Der Vorstand lehnte ab, laut Personalrat ohne befriedigende Begründung. Heinze bekräftigt nun: Die Normalversorgung sei unverzichtbar. Bei Krebsbehandlungen etwa gebe es bereits einen bedenklichen Rückstau.
● Die Bauplanung fürs Klinikum hat sich verzögert. Grund sind auch Kooperationspläne mit dem kommunalen Klinikum Magdeburg (rund 1900 Mitarbeiter). Gutachten unter anderem des Unternehmens Lohfert & Lohfert haben festgestellt, dass die Klinika enger zusammenarbeiten müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Folge: Ein bereits 2018 vorgelegter „Masterplan Bau" muss überarbeitet werden. Künftig sollen etliche bisher in eigenen Häusern untergebrachte Kliniken, wie die Hautklinik, in ein „magisches Dreieck" integriert werden (s. Grafik). Zuvor ist zu klären, welches Klinikum künftig welche Aufgaben übernimmt. Gespräche sollen im Februar stattfinden.
Das derzeit nichts gebaut wird, trifft nicht zu, sagte Heinze: So begännen die Bauarbeiten für das Herzzentrum, das Tierlabor werde saniert, die Radiologie erhält einen neuen Teilchenbeschleuniger. Für Bauarbeiten müssen ab Mai mehrere Kliniken vorübergehend in einen Container ziehen. Auch das könnte in Teilen der Belegschaft für Ärger sorgen, hieß es vom Vorstand.
● Vorwürfe willkürlicher Kündigungen wies Heinze zurück. Von mehreren Ärzten habe man sich aber aus sachlichen Gründen getrennt. Beispiel: Der frühere Chef der Pathologie. Laut Uniklinikum ist er nach akuellem Stand für fast 700 Fehldiagnosen verantwortlich, in 53 Fällen mit Folgen für Patienten. 39 Fälle liegen derzeit bei der Staatsanwaltschaft. Auch, dass in der Verwaltung 50 Mitarbeiter gekündigt worden ist, stimme nicht, sagte Heinze. Im Gegenteil: Die Zahl der Mitarbeiter steige.
Universitätsrektor Jens Strackeljan nahm Heinze auf Anfrage in Schutz: „Der Vorwurf, dass wir mit Professor Heinze zwar einen hervorragenden Wissenschaftler, dem es aber ansonsten an Erfahrung fehlt, zum Ärztlichen Direktor gemacht haben, ist haltlos", sagte er. Heinze wisse, wie Unimedizin funktionieren kann.
Die Linke fordert unterdessen Aufklärung von der Landesregierung: „Der Inhalt des Schreibens ist besorgniserregend" sagte Fraktionschefin Eva von Angern. „Die Menschen in Sachsen-Anhalt brauchen zwei gut funktionierende Unikliniken."