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Museum Der „Eulenvater“ von Colbitz

Im Colbitzer Museumshof hat der Rentner Herbert Bilang die Dauerausstellung „Eule und Mensch“ auf die Beine gestellt.

Von Sabrina Gorges 11.02.2020, 23:01

Colbitz (dpa) l Herbert Bilang schiebt die Glasplatte des Schaukastens beiseite. Er nimmt eine kleine Münze heraus, klemmt sie zwischen Daumen und Zeigefinger und hält sie triumphierend in die Luft. „Unsere kleinste Eule“, sagt er und lächelt. Auf der silbernen Centime von 1964, die bis zur Einführung des Euro unter anderem in Frankreich die kleinste Währungseinheit war, ist der winzige Eulenvogel am rechten Rand kaum zu erkennen. Er ist nur zu erahnen. „Kaum größer als ein Sandkorn“, sagt Bilang. Erst der Blick mit der Lupe schafft Gewissheit. Tatsächlich eine Eule.

Dank der seit Kindestagen andauernden Leidenschaft des 76-Jährigen gibt es heute im Museumshof Colbitz bei Magdeburg eine der größten Eulensammlungen, die im deutschsprachigen Raum in einer musealen Einrichtung gezeigt wird. „Es sind Tausende“, so Bilang, der den Museumshof ehrenamtlich leitet. Gezählt hat er die Eulen aus Porzellan, Glas, Holz oder Steinzeug nie. Drei Räume in einem alten Stallgebäude sind voll - auf mehr als 150 Quadratmetern haben sich die Eulen ausgebreitet. Sie hängen an den Wänden und Decken und stehen in Glasvitrinen, Regalen, Setzkästen und auf Fensterbänken. Die größte Eule ist 2,40 Meter groß - eine mit der Kettensäge ausgearbeitete Figur aus Eichenholz.

Auch viel Kurioses, Kitschiges und Einzigartiges mit Eulenmotiv wird gezeigt, etwa Briefmarken, Zigarrenbauchbinden und Streichholzetiketten. Es gibt Eulen aus 150 Ländern, darunter Italien, Peru, Indien und Uruguay. In aufwendig ausstaffierten Dioramen werden Präparate von Eule, Kauz, Uhu und heimischen Greifvögeln gezeigt. „Ich habe nie klassisch gesammelt“, sagt Bilang, der den größten Teil seiner Privatsammlung vor mehr als zehn Jahren ins ehemalige Kammerhoffsche Gehöft am Colbitzer Ortsrand gebracht hat. „Das Sammeln war vielmehr das Nebenprodukt meiner Nebentätigkeit, also der jahrzehntelangen ornithologischen Arbeit mit lebenden Eulen.“

Der aus der Altmark stammende „Eulenvater“ ist unter anderem beim Naturschutzbund Deutschland in der Arbeitsgruppe Eulenschutz aktiv. „Und irgendwann fangen auch andere an, für einen zu sammeln, etwa wenn sie im Urlaub sind.“ Zuhause, sagt Bilang, habe er bestimmt noch einhundert Ordner voller Papierexponate. „Kaum jemand weiß zum Beispiel, dass acht der 17 Eulentürme in Deutschland in Sachsen-Anhalt stehen“, sagt der umtriebige Rentner. Der Ausstellung auf dem Colbitzer Museumshof gab er den Namen „Eule und Mensch“, weil es ihm um den „Vogel der Weisheit“ und seine vielseitigen Wechselbeziehungen zu den Menschen geht.

Petra Klebe arbeitet 20 Wochenstunden hauptamtlich auf dem Museumshof, auf dem auch Bundesfreiwilligendienstler tätig sind. Die 61-Jährige wohnt auch auf dem Hof, heizt im Winter die alten, schmucken Kachelöfen in den Museumsräumen an und führt auch Besuchergruppen durch das Kleinod. „Die Eulensammlung ist immer der Höhepunkt“, sagt sie. Gerade hat sich eine ältere Dame aus dem Dorf angemeldet. Sie will anlässlich ihres Geburtstages mit ihren Gästen kommen. „Zwei Stunden Zeit muss man sich mindestens für alles nehmen“, sagt sie. Es gebe viel zu erzählen.

Träger des Museumshofs ist die Gemeinde, die unter anderem die laufenden Kosten für den Unterhalt bezahlt. „Im Jahr ist das etwa ein mittlerer vierstelliger Betrag“, sagt Bürgermeister Eckhard Liebrecht (parteilos). „Je nachdem, ob auch Instandhaltungen nötig sind.“ Das Gehöft samt Museum zu erhalten, ist Liebrecht zufolge für die Gemeinde eine Pflicht und keine Kür. „Im Gemeinderat zweifelt da keiner dran“, sagt das Ortsoberhaupt.

Gemeinsam mit Leiter Bilang sei es über die Jahre gelungen, Ehrenamtliche thematisch einzubinden und verlässlich verschiedene Förderer zu motivieren - auch wenn mit Geld aus Fördertöpfen immer Eigenanteile verbunden sind. Die Gemeinde stemmt das. Die Devise: Viele wenige machen ein Viel.