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Nach Terror-Anschlag Döner-Imbiss in Halle wird verschenkt

Seit dem Terroranschlag in Halle wurde der "Kiez"-Döner, einer der Tatorte, von Trauernden viel besucht. Jetzt ist der Laden wieder offen.

Von Marek Majewsky, dpa 17.11.2019, 15:00

Halle l Fünfeinhalb Wochen nach dem Terroranschlag in Halle mit zwei Toten hat der beschossene Imbiss "Kiez-Döner" wieder geöffnet. Am ersten Öffnungstag überschrieb der bisherige Betreiber Izzet Cagac das Geschäft an zwei Mitarbeiter, die während des Anschlags im Laden waren. Cagac überreichte den Brüdern Ismet und Rifat Tekin am Samstag eine Geschenk- und Abtretungsvereinbarung.

"Ich wünsche meinen Nachfolgern viel Kraft, um das schreckliche Ereignis vom 09.10.2019 zu verarbeiten und viele Kunden unterschiedlicher Kulturen und Religionen", heißt es in einem Schreiben des bisherigen Betreibers. Mit dieser Geste will Cagac seine Mitarbeiter unterstützen. Zum Neustart kamen am Wochenende zahlreiche Medienvertreter. Zu den ersten Gästen gehörte auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).

Am 9. Oktober hatte ein schwer bewaffneter Rechtsextremist einen 20-Jährigen in dem Lokal erschossen. Kurz davor tötete er in der Nähe eine 40 Jahre alte Passantin. Zuvor hatte der Täter versucht, in einer Synagoge ein Massaker anzurichten. Er scheiterte an einer verschlossenen Tür. Ein 27 Jahre alter Deutscher wurde später festgenommen und räumte ein antisemitisches und rechtsextremes Motiv ein.

Am Dönerladen ist die Trauer auch am Samstag noch sichtbar: Auf dem Boden sind verwelkte Blumen und vergilbte Trauerbekundungen zusammengekehrt. Im Imbiss hängt eine Gedenktafel, die an die beiden Todesopfer erinnert. "Wo Liebe wächst, gedeiht Leben – wo Hass aufkommt, droht Untergang" steht darauf. Zur Wiedereröffnung waren noch zahlreiche Fotos und Erinnerungsstücke an die Opfer um die Gedenktafel gruppiert.

Cagac und sein Team luden das ganze Wochenende alle Gäste nach muslimischer Tradition zum Essen ein – als Zeichen der Trauer. Am Sonntag endet die Trauerzeit, die im Islam traditionell 40 Tage dauert.

Ministerpräsident Haseloff betont bei der Wiedereröffnung des Imbisses, wie wichtig der Neustart sei. Das Bistro sei unter anderem bei Studenten Bestandteil der kulturellen Identität der Stadt. Die Universität Halle liegt in der Nähe. Der Regierungschef rief alle Hallenser auf, das Geschäft zu besuchen.

Auch Halles parteiloser Oberbürgermeister Bernd Wiegand war unter den ersten Gästen. Man versuche, nach und nach in das normale Leben zurückzukommen, sagt er. Immer dann, wenn Antisemitismus in irgendeiner Weise erkennbar sei, sei jeder in der Stadtgesellschaft aufgerufen, dagegen auch vorzugehen.

Von der jüdischen Gemeinde aus Halle waren keine offiziellen Vertreter gekommen. Der Vorsitzende Max Privorozki hatte immer wieder betont, dass seine Gemeindemitglieder Ruhe brauchen.

Derweil passt Sachsen-Anhalt seine Schutzkonzepte für die jüdischen Einrichtungen im Land an. Direkt nach dem Anschlag hatte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) verfügt, dass alle Synagogen rund um die Uhr von der Polizei bewacht werden. Jetzt habe das Landeskriminalamt für jede einzelne Einrichtung die Gefahr abgeschätzt und ein Schutzkonzept erstellt, sagte Innenstaatssekretärin Tamara Zieschang am Samstag.

Das werde jetzt in Abstimmung mit den Gemeinden umgesetzt. Zuvor war bekannt geworden, dass die Rund-um-die-Uhr-Bewachung künftig nicht mehr für alle jüdischen Einrichtungen gelten soll. Innenstaatssekretärin Zieschang bestätigte das nicht. Wie der Schutz für die einzelnen Einrichtungen konkret aussehe, wird aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht.