Gerichtsverfahren Neustart im Prozess um Burger Dieselpanscher
Der erste von vier Diesel-Prozessen wird am Landgericht Magdeburg neu verhandelt. Den Angeklagten drohen Haftstrafen.
Magdeburg l Drei Männern und eine Frau im Alter zwischen 34 und 44 Jahren wird vorgeworfen, zwischen Juli 2010 und Juni 2011 456 Straftaten begangen zu haben. Und das, obwohl die zuständige Staatsanwaltschaft Stendal rund 100 Fälle aus der langen Anklage-Liste gestrichen hat.
Agnieszka S. (44), Rafal S. (44), Konrad M. (37) und Bartosz L. (34) sollen auf einem Firmengelände in Burg, auf dem sich eine Anlage befand, mit der Biodiesel hergestellt wurde, aus verschiedenen Stoffen Kraftstoff hergestellt haben.
Die Bande, so Oberstaatsanwältin Brigitte Strullmeier, habe das Gemisch als Fahrzeug-Diesel verkauft. Dafür hätte allerdings Energiesteuer entrichtet werden müssen.
Die Angeklagten hätten den Anschein erweckt, dass nur energiesteuerfreie Öle und andere Mittel produziert werden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass dem Staatshaushalt Steuern in Höhe von mehr als sechs Millionen Euro verloren gegangen sind. Mit der hinterzogenen Steuer hätten die Vier ihren „Gewinn maximiert“.
Die von neun Rechtsanwälten verteidigten polnischen Staatsbürger sollen als Mitarbeiter der Firma AS Gold in Burg rund 41 Millionen Liter Schmieröl produziert und davon mehr als 13 Millionen Liter Kraftstoff an 53 Firmen innerhalb der Europäischen Union verkauft haben ohne Steuern zu entrichten.
Dabei sei die führende Kraft Geschäftsführerin Agnieszka S. gewesen, Konrad M. habe als Prokurist fungiert und sei für die Logistik zuständig gewesen.
Firmenchefin S. habe beim Hauptzollamt in Magdeburg zuerst den Antrag zur Produktion und Lagerung von Biodiesel, später für Schmieröl genehmigt bekommen. Das Öl sei vorwiegend für keramische Betriebe, zum Beispiel Zementwerken und Bauindustrie bestimmt gewesen, hatte es geheißen.
Laut Anklage seien die „Zutaten“ aus Polen und Tschechien geliefert worden. Oberstaatsanwältin Brigitte Strullmeier, die gestern fast drei Stunden benötigte, um alle Tatvorwürfe zu verlesen, sagt, dass die Ausgangsstoffe in Tanks gelagert, dann in anderen gemischt und danach in Auslieferungstanks gelagert wurden. „Die Tanklaster-Fahrer der Bestellerfirmen zahlten gegen Vorkasse. Um das Geschäft zu verschleiern, gab es keine ordentliche Buchhaltung.“
Zum kriminelle Tun habe auch gehört, dass eine Laborantin, gegen die es ein gesondertes Verfahren gibt, angewiesen wurde, die Gemische, vor dem Verlassen des Burger Betriebs als Schmieröl zu zertifizieren. Die vier Angeklagten seien banden- und gewerbsmässig vorgegangen.
Noch bevor die Anklage verlesen worden war, versuchten Strafverteidiger Anträge zu stellen, was die Vorsitzende Richterin Christine Sänger mit dem Hinweis ablehnte, die Kammer habe sich entschlossen, vor der Anklage den Verteidigern nicht das Wort zu erteilen. Auch der Vorstoß, die Anklage nicht zu verlesen, wurde aus demselben Grund abgelehnt.
Mehrere Anwälte beantragten, nachdem die Vorwürfe verlesen worden waren, eine zweieinhalbstündige Unterbrechung. Man müsse mit den Mandanten die Verhandlungsführung der Kammer beraten.
Danach stellten mehrere Strafverteidiger Befangenheitsanträge, welche die Vorsitzende Richterin Christine Sänger und den beisitzenden Richter Marc Flotho betrafen. Die „Restkammer“, aufgefüllt mit zwei anderen Richtern muss nun in der kommenden Woche über die Anträge entscheiden. Der Termin am 23. August wurde aufgehoben.