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Niedrigzinsen Kleine Stiftungen in Geldnot

Um trotz Niedrigzinsen ihre Zwecke finanzieren zu können, müssen Stiftungen in Sachsen-Anhalt Erträge auf alternativen Wegen erzielen.

Von Elisa Sowieja 13.10.2017, 01:01

Magdeburg l Bei der Jütting-Stiftung in Stendal entwickeln sich die Finanzen trotz Niedrigzinsen prächtig. Aus dem Vermögen von derzeit mehr als zwölf Millionen Euro wurden zuletzt binnen eines Jahres 360.000 Euro Erträge erzielt. Dadurch kann sie viel Gutes tun – wie Musikstipendien vergeben. Denn Stiftungen finanzieren das, was sie machen, in erster Linie aus den Erträgen ihres Vermögens. Dass die bei den Stendalern so üppig ausfallen, liegt daran, dass sie vor allem auf Aktien setzen. „Mit Zinsen aus Rentenfonds und Anleihen gewinnt man keinen Blumenpott mehr“, sagt Stiftungs-Sprecher Michael Steenbuck.

Wegen der anhaltend niedrigen Zinsen gehen Stiftungen bundesweit verstärkt solche alternativen Wege, um Erträge zu erzielen, sagt Martin Speer vom Bundesverband Deutscher Stiftungen. „Früher hat man Geld in einem Stiftungsfonds angelegt. Heute investieren viele auch in Immobilien, verpachten Landwirtschaftsflächen oder sammeln mehr Spenden.“

Nun ist die Jütting-Stiftung größer als die meisten in Sachsen-Anhalt. Zwei Drittel der 189 Stiftungen des bürgerlichen Rechts im Land besitzen weniger als eine Million Euro Kapital. Sie haben es schwerer, etwa in Aktien oder Immobillien zu investieren.

Das geht schon damit los, wer das Vermögen verwaltet.Die Jütting-Stiftung hat eine Firma in den USA engagiert, die sich mit der eher riskanten Anlageform Aktien auskennt. Bei kleinen Einrichtungen übernehmen das meist ehrenamtliche Laien. So ist es auch bei der Altmärkischen Bürgerstiftung – Finanzstock: gut 100.000 Euro. „Die Niedrigzinsphase trifft uns heftig“, sagt Vorstand Jürgen Lenski. „Früher haben wir Staatsanleihen gekauft und alles war gut.“ Jetzt setzt man sich mit Unternehmensanteilen und dividendenorientierten Aktien auseinander. Er verweist noch auf ein weiteres Problem: „Bei kleinem Vermögen engagieren sich Bankberater nicht so sehr.“ Seine Stiftung hat das Glück, dass ein Wirtschaftswissenschaftler sie berät.

Hinzukommt, dass sich die Anlage in Aktien bei wenig Kapital nicht einmal sonderlich lohnt. Für Britta Duschek von der Bürgerstiftung Salzland steht daher fest: „Wir gehen den konservativen Weg.“ Stehen Projekte an, wirbt man Sponsorengelder und Spenden ein.

Auch die Investition in Immobilien ist für kleine Einrichtungen schwierig – nicht nur wegen des Verwaltungsaufwandes. Eberhard Giebeler von der Quedlinburger Sonora-Stiftung, die sich vor allem im Bereich Musik engagiert, lässt wegen des Klumprisikos die Finger von Immobilien. Ihm wäre es zu gewagt, viel Geld in eine einzige Anlageform zu stecken. „Was ist, wenn zum Beispiel die Miete ausbleibt?“

Die Auswirkungen der Niedrigzinsen machen sich deutschlandweit bemerkbar. Einer Befragung des Bundesverbandes zufolge rechnen für das laufenden Jahr nur noch rund zwei Drittel der Stiftungen damit, dass sie eine Rendite oberhalb der Inflationsrate erwirtschaften können. 2016 erreichten dieses Ziel noch mehr als 80 Prozent der Befragten.

Der Verband fordert eine Reform des Stiftungsrechts. Dazu gehört es, dieses Recht bundesweit einheitlich zu regeln. Bisher kommen Vorgaben teils vom Bund, teils von den Ländern. Eine Vereinheitlichung könne es erleichtern, Stiftungen zusammenzulegen, heißt es. Zudem brauche man klarere Regeln, wie risikoreich Stiftungen investieren dürfen. Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern hat sich zumindest dafür ausgeprochen, mehr als bisher im Bundesrecht zu regeln.

Die Probleme halten die Sachsen-Anhalter übrigens nicht davon ab, Stiftungen zu gründen. Im vergangenen Jahr zählte man sechs neue, davor neun. Allerdings kommen hierzulande auf 100.000 Einwohner nur 13 Stiftungen – halb so viele wie im Bundesschnitt.