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Opferberatung Weniger rechte Gewalt

In Sachsen-Anhalt hat die Opferberatung weniger rechte Gewalt registriert. Sie schätzt das Ausmaß aber immer noch als bedrohlich ein.

02.04.2019, 14:07

Halle (dpa) l Die Mobile Opferberatung hat 2018 in Sachsen-Anhalt weniger rechts motivierte Gewalttaten registriert. 154 Fälle bedeuteten einen Rückgang um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, teilte eine Sprecherin am Dienstag mit. Damit setzt sich der rückläufige Trend nach einer massiven Zunahme in den Jahren 2015 (239) und 2016 (290) rechten Angriffen fort. Nun sei wieder das Niveau der Jahre 2009 bis 2011 erreicht. Dennoch ist das Ausmaß rechter und rassistischer Gewalt aus Sicht der mobilen Opferberatung weiterhin äußerst bedrohlich. Die Experten gehen von einer hohen Anzahl nicht angezeigter politisch rechts motivierter Angriffe aus.

Die Mobile Opferberatung führt eine eigene Statistik, die in der Regel etwa von den Zahlen der Polizei abweicht. Das Innenministerium wird seine Zahlen voraussichtlich in der kommenden Woche vorlegen. Auch in diesem Jahr sei wieder von "einem beachtlichen behördlichen Wahrnehmungsdefizit" auszugehen, schätzte die Opferberatung ein. Sie fordert, die Perspektive der Betroffenen stärker wahrzunehmen. Die Mobile Opferberatung unterstützt seit 2001 Betroffene politisch rechts motivierter Gewalt in Sachsen-Anhalt. Es gibt drei Anlaufstellen in Salzwedel, Magdeburg und Halle. Beratungen finden auf Wunsch aber auch direkt bei den Betroffenen statt, auch in anderen Landkreisen und Städten.

Die Opferberatung stufte wie in den Vorjahren mehr als zwei Drittel der erfassten Angriffe als rassistisch motiviert ein. "Betroffene berichten von einer rassistischen Grundstimmung, die zunehmend offener geäußert wird und der alltäglichen Angst, jederzeit beschimpft, bedroht und körperlich attackiert zu werden", hieß es in der Mitteilung weiter. In der Regel handelt es sich dabei um Körperverletzungsdelikte, es gab aber auch Raubstraftaten, Nötigungen, Bedrohungen und Sachbeschädigungen.

72 Prozent der Gewalttaten hätten sich im öffentlichen Raum abgespielt, auf dem Weg zur Schule, zur Arbeit oder beim Einkaufen. Allein 24 Übergriffe seien in öffentlichen Verkehrsmitteln oder an Haltestellen passiert.

Als besonders besorgniserregend bezeichnete die Opferberatung, dass 31 Kinder bis 13 Jahren aus rassistischen Motiven entweder selbst verletzt worden seien oder mit ansehen mussten, wie etwa nahe Angehörige erniedrigt oder attackiert wurden. Beispiel seien zwei Kleinkinder aus einer syrischen Familie, die im vergangenen Mai während eines Picknicks in einem Magdeburger Park von einem Mann rassistisch beleidigt wurden. Zudem hetzte der Täter zwei Hunde auf die Familie, der Vater erlitt mehrere Bisswunden.

Die Linke-Landtagsfraktion kommentierte: "Dass dies bei uns vor der Haustür passiert, ist im hohen Maße beschämend." Die Landesregierung müsse sich dieser Situation im Land stellen und den Kampf gegen Rechtsextremismus stärker finanziell unterstützten. "Das heißt, dass die entsprechenden Organisationen, Vereine und Verbände – nicht zuletzt die Mobilen Opferberatungsstellen – auch monetär besser auszustatten sind."

Wie der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) am Dienstag in Berlin mitteilte, lag Sachsen-Anhalt ebenso wie Mecklenburg-Vorpommern mit sinkenden Fallzahlen entgegen dem Trend. Über alle ostdeutschen Bundesländer und Berlin hinweg wurde 2018 mit insgesamt 1212 Fällen eine Zunahme politisch rechts motivierter Gewalt registriert. Das sind rund acht Prozent mehr als 2017.