1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Ein Verletzter im Harz

Orkan im Harz Ein Verletzter im Harz

Orkan Friederike ist über den Harz hinweggezogen. So ist der Tag verlaufen.

Von Dennis Lotzmann 18.01.2018, 10:37

Schierke l Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) haben den Betrieb auf dem 140 Kilometer langen Netz nahezu komplett eingestellt. „Wir haben uns vorsichtshalber zu diesem Schritt entschlossen", so HSB-Sprecher Dirk Bahnsen am Morgen zur Volksstimme. Allein im Südharz werde der Abschnitt zwischen Nordhausen und Ilfeld noch bedient. „So lange das möglich ist."

Auch die Verantwortlichen der Stadt Wernigerode gehen wegen der erwarteten hohen Windgeschwindigkeiten auf Nummer sicher: Das Eisstadion Feuerstein-Arena im Ortsteil Schierke bleibt am Donnerstag geschlossen, so eine Sprecherin der Tourist-Info. In den vergangenen Wochen hatten sich vom Dach der Mitte Dezember eröffneten Arena, die mit ihrer geschwungenen Dachkonstruktion ein Hingucker ist, unkontrollierte Schneelawinen gelöst. Hier soll nun nachjustiert werden.

Auf dem Brocken kam das Leben am Donnerstagmorgen komplett zum Erliegen. Sowohl die Brockengastronomie als auch das Brockenhaus blieben geschlossen. „Wir haben hier oben schon Orkanspitzen mit bis zu 130 Kilometer pro Stunde", sagte Ingo Nitschke von der Brockenwetterwarte am Donnerstagmorgen. Bis zum Mittag sei mit einer weiteren Zunahme zu rechnen. Die Böen waren heftiger als erwartet. Prognostiziert seien Spitzen von bis zu 160 Kilometer pro Stunde, gemessen wurden bis zu 206 Stundenkilometer. Der bisherige dokumentierte Rekordwert wurde am 24. November 1984 mit Tempo 263 auf dem 1141 Meter hohen Brocken gemessen.

„Aktuell haben wir minus 4 Grad Celsius, die wegen des Sturms aber wie minus 30 Grad Celsius empfunden werden", so der Wetterbeobachter. Von einem Besuch des Brockens kann daher nur abgeraten werden. Auch der Winterdienst auf der Brockenstraße habe zunächst die Räumarbeiten eingestellt. Nach dem Durchzug von „Friedericke" sollen die Arbeiten zum Nachmittag hin wieder aufgenommen werden. „Wir sind wahrscheinlich heute die einzigen, die hier oben noch die Stellung halten", sagte Nitschke mit Blick auf seien Mitstreiter, der Radioaktivitätsmessungen vornimmt.

Die Brockenbahn hatte schon am Mittwochmittag ihren Betrieb eingestellt. „Da war trotz Schneefräse nichts mehr zu machen", so Sprecher Dirk Bahnsen. Die HSB hat auf dem Harzgipfel insbesondere mit Schneeverwehungen zu kämpfen. Im übrigen Streckennetz kommt bei hohen Windgeschwindigkeiten die Gefahr umstürzender Bäume hinzu. Reisende werden um Verständnis gebeten. Sie sollten alternativ den Linienbus nutzen. Vom Betreten der Harzwälder wird dringend abgeraten, hier besteht Lebensgefahr.

Die Grundschule Miriam Lundner in Halberstadt beendet den Unterricht früher. Die Eltern können die Kinder bereits zur sechsten Stunde abholen, damit sie vor dem Sturm sicher zu Hause sind. Auch die Arbeitsgruppen am Nachmittag fallen aus. Die Hortbetreuung ist aber gesichert. Generell hatte der Sturm aber wenig Auswirkungen auf den Grundschulbetrieb in Halberstadt, da der Unterricht gegen 13 Uhr endete. Vereinzelt meldeten sich aber Eltern in den Schulen, die ihre Kinder früher abholen wollten.

Im Halberstädter Käthe-Kollwitz-Gymnasium endete der Schulbetrieb nach der sechsten Stunde. Auch an der Burgbreite-Schule und am Stadtfeld-Gymnasium in Wernigerode war der Unterricht wegen des Sturms eher zu Ende.

In Blankenburg ist der für Donnerstag geplante "Tag der offenen Tür" in der Europa- und Ganztags-Sekundarschule "August Bebel" auf den 30. Januar verschoben worden. Auch der Unterricht war wegen des aufziehenden Sturms bereits um 11.35 Uhr zu Ende. Im Gymnasium "Am Thie" wurden die Schüler um 11.40 Uhr nach Hause geschickt.

Die Halberstädter Verkehrs-GmbH (HVG) hatte ihre Fahrpläne im Schulbusverkehr nicht geändert, Verspätungen wurden nicht eingeplant. Bjoern Smith, der Geschäftsführer der Harzer Verkehrs-Betriebe (HVB) sagte am Telefon: "Wir lassen unsere Schulbusse so lange fahren, wie es die Sicherheit zulässt."

Im Oberharz und in Wernigerode waren bereits am frühen Nachmittag die Sturmfolgen deutlicher zu bemerken. In Elbingerode kam es zu Telefonstörungen, in Benneckenstein gab es Stromausfall. Die Straßen in Wernigerode lagen voller herabgefallener Äste, im Westharz haben die Skilifte den Betrieb eingestellt.

Die Osterwiecker Stadtverwaltung hat wieder eine eigene Einsatzleitstelle gebildet. Nach Auswertung des Ilse-Hochwassers vom Juli sind Mitarbeiter dafür geschult worden. Es gibt ein Bürgertelefon unter (039421) 793-112. Am frühen Nachmittag waren in Osterwieck bereits vier Feuerwehren im Einsatz. Sie kümmerten sich um umgestürzte Bäume. Eltern wird geraten, ihre Kinder aus Kita und Hort so früh wie möglich abzuholen.

Nach 14 Uhr wurde es auch in Halberstadt brenzlig, die Feuerwehren mussten immer wieder ausrücken, meist wegen umgestürzter Bäume. Am schlimmsten traf es die Spiegel-Grundschule. Dort waren Teile des Daches heruntergefallen. Die Feuerwehr evakuierte 30 Kinder und zwei Betreuerinnen. Am Freitag findet dort kein Schul- und Hortbetrieb statt. Auch an der Lundnerschule und an weiteren Stellen der Stadt fielen Ziegel von den Däcern und  stürzten Bäume um.So etwa in der Kita Ströbeck. Auf deren Gelände war ebenfalls ein Baum umgekippt. Verletzt wurde zum Glück niemand.

In Wernigerodes Innenstadt stand am Nachmittag der Verkehr, nachdem ein großer Baum auf die Westerntor-Kreuzung gefallen war. Die Kitas und Horte der Stadt sollten die Eltern informieren, dass sie ihre Kinder schnellstmöglich abholen, um sicherzugehen, dass ihnen nichts geschieht. Die Mitarbeiter des Wernigeröder Bauhofs waren nachmittags alle im Einsatz.

Sowohl die Wasserlebener Straße in Berßel (Ortsausgang Richtung Wasserleben) als auch die Ortsdurchfahrt Osterode Richtung Veltheim (L 91) waren wegen Sturmschäden zeitweise voll gesperrt. Die Ortsdurchfahrt Osterode Richtung Veltheim konnte nach kurzer Zeit aber wieder für den verkehr freigeben werden.

Der Winterdienst kam in den frühen Nachmittagsstunden in der Harzregion komplett zum Erliegen. Nach Angaben des Chefs der Straßenmeisterei Wernigerode steckten die Räumfahrzeuge zwischen umgestürzten Bäumen fest. "Im Moment besteht auf den Straßen in den oberen Lagen Lebensgefahr. Ich habe die Fahrer angewiesen, sich sichere Plätze zu suchen und abzuwarten", so Meistereichef Michael Scholz. Wann mit der Wiederaufnahme des Winterdienstes zu rechnen ist, sei völlig offen, sagte er gegen 15.30 Uhr. Im Moment sollte jeder die Harzlagen mieden, so sein dringender Rat.

Im Harz werden immer mehr Straßen wegen umgestürzter Bäume gesperrt. Betroffen sind laut Kreisverwaltung die Straßen zwischen Heimburg und Elbingerode (Trecktal), zwischen Thale,Roßtrappe und Altenbrak sowie zwischen Elend und Sorge.Es ist damit zu rechnen, dass noch weitere Kreisstraßen vor allem im Ober- und Unterharz gesperrt werden müssen. Aufgrund des Sturmes muss auch mit Einschränkungen beim Winterdienst gerechnet werden.

Der Sturm hat im Tiergarten Halberstadt Baumschäden verursacht. Wegen Aufräumarbeiten bleibt der Tiergarten am Freitag geschlossen.

Um 15.45 Uhr meldet HEX-Betreiber Transdev die Einstellung des Betriebs. Der Bahnverkehr auf dem gesamten Streckennetz des HarzElbeExpress ruht.

Alle 18 Ortsfeuerwehren der Stadt Osterwieck sind in Bereitschaft versetzt: umgestürzte Bäume, abgedeckte Dächer, beschädigte Autos, keine Personenschäden. Einen Dachschaden gibt es am Dorfgemeinschaftshaus Osterode, wurde aus dem Krisenstab der Stadt informiert. An der Wasserlebener Straße (Kreisstraße) in Berßel ist eine große Pappel umgestürzt.

Es gibt im Harz zwar große Sachschäden, zum Glück ist aber nur ein verletzter Menschen zu beklagen. Nach Volksstimme-Informatioen wurde  in Veckenstedt ist ein Mann von einem Ast am Kopf getroffen worden.

Ein großer Baum ist auf die Kindertagesstätte Villa Sonnenschein gestürzt. Verletzt wurde niemand, der Betreuungsbetrieb war bereits beendet. Die Wernigeröder Stadtverwaltung hatte ab Mittag zu den Eltern Kontakt aufgenommen und sie gebeten, ihre Kinder abzuholen.

In Halberstadt gab es zahlreiche Stromausfälle, weil umstürzende Bäume die Freileitungen beschädigt haben. In den Rathaus-Passagen waren schon am Nachmittag zahlreiche Geschäfte geschlossen. Centermanager Enrico Burau hatte den geschäftsinhabern freigestellt, die Läden früher zu schließen, damit die Mitarbeiter sicher nach hause kommen. Davon haben viele Gebrauch gemacht.  

Die Stadt Ilsenburg ist weitgehend verschon geblieben. Sie profitierte von der waldnahen und somit geschützten Lage, dort gab es nur ein Paar größere abgebrochene Äste im Bereich Pulvermühle. Anders der Nordharz, zum Beispiel Abbenrode. Dort fielen die Bäume im zehn-Minuten-Takt. Zeitweise waren in allen Ortsteilen die Wehren im Einsatz - meist aber nur zum Bäume zerlegen. Schwerpunkte: In Heudeber hat es in der Nähe des Bahnhofes ein Dach abgedeckt und in Wasserleben ist ein Strommast umgeknickt.

Blankenburgs Stadtwehrleiter Werner Greif spricht von weit über 60 Einsätzen im Blankenburger Stadtgebiet, wobei bis auf die Wehr in Timmenrode alle Ortsfeuerwehren im Einsatz waren. Es mussten aber nur die sturmtypischen Schäden beseitigt werden, also vor allem umgestürzte Bäume und herabgefallene Dachziegel. Wegen Dunkelheit wurde die L93 in Wienrode während der Aufräumarbeiten gesperrt, um die Sicherheit der Kameraden zu gewährleisten.