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Parteitag Magdeburg AfD marschiert nach rechts

Sachsen-Anhalts AfD hat trotz Corona und Bombendrohung ihre Kandidaten für die kommenden Wahlen gekürt.

Von Michael Bock 20.12.2020, 19:01

Magdeburg l Mitten im harten Lockdown trafen sich am Wochenende des 4. Advent  in Halle 2 auf dem Messegelände in Magdeburg mehr als 400 Mitglieder. Die Organisatoren hatten zuvor mit bis zu 600 gerechnet.

Als Spitzenkandidaten setzten sich mit Oliver Kirchner (54, für den Landtag) und Martin Reichardt (51, Bundestag) zwei Bewerber durch, die dem völkisch-nationalistischen Parteiflügel zugerechnet werden. Kirchner, Fraktionschef im Landtag, erhielt 361 Ja-Stimmen, 48 votierten gegen ihn, es gab sieben Enthaltungen. Kirchner hatte keinen Gegenkandidaten.

Er wird dem offiziell aufgelösten „Flügel“ um den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke zugerechnet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft die Strömung als rechtsextremistisch ein.

„Das Land brennt, es ist Gefahr in Verzug“ sagte Kirchner. „Wir Inländer suchen heute Schutz vor ausländischen Schutzsuchenden. Ich will, dass es wieder so wird wie vor der illegalen Masseneinwanderung 2015. Ohne Vergewaltigung, ohne Drogen, ohne Messer, ohne Terror und ohne Köpfungen.“

Auf Platz drei wurde AfD-Rechtsaußen Hans-Thomas Tillschneider gewählt. Der Verfassungsschutz hat ihn im Visier. Der Islamwissenschaftler sagte, er werde die „verlogene Politik der Altparteien“ so angreifen, „wie man ein schädliches Kraut packt – an der Wurzel“. An der Macht seien „Vaterlandsverräter, sagte er. „Ich will, dass wir sie bis zur Weißglut reizen. Ich will, dass wir sie jagen.“ Spitzenkandidat für die Bundestagswahl ist Sachsen-Anhalts AfD-Landeschef Martin Reichardt. Er setzte sich gegen den Landtagsabgeordneten Robert Farle und Rene Vollmann durch.

Beide Gegenkandidaten erhoben Kungelei-Vorwürfe. Farle sagte, der Listenvorschlag des Landesvorstands (auf dem er selbst nicht stand) sei „im Hinterzimmer ausbaldowert“ worden. Was hinter verschlossenen Türen passiere, sei für die Mitglieder nicht sichtbar: „So sind immer Diktaturen entstanden.“

Reichardt setzte sich deutlich mit 229 Stimmen gegen Farle (81) und Vollmann (34) durch. Tillschneider watschte Vollmann für dessen Kandidatur öffentlich ab: „Herr Vollmann, sind Sie im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte?“ Der gewählte Spitzenkandidat Reichardt gehörte einst der SPD, den rechtsradikalen Republikanern und der FDP an.

Auf Platz zwei der Bundestagsliste wurde der Landtagsabgeordnete Jan Wenzel Schmidt gewählt. Er ist Landeschef der Jungen Alternative, die in Teilen vom Verfassungsschutz wegen rechtsextremistischer Bestrebungen beobachtet wird. Schmidt („Wir entsenden unsere ostdeutsche, patriotische Kavallerie nach Berlin“) gewann mit 221 zu 99 Stimmen gegen Parteivize Kay-Uwe Ziegler.

Beim Parteitag galten strenge Hygienebestimmungen wie eine Maskenpflicht (auch am Platz). Zwar musste der Versammlungsleiter zuweilen eingreifen, doch die Regeln wurden weitestgehend eingehalten. Kontrolleure des Landesverwaltungsamtes überwachten an beiden Tagen im Saal die Auflagen.

Am Samstag war der Parteitag wegen einer Bombendrohung stundenlang unterbrochen worden. Mehrere Beamte und ein Sprengstoff-Suchhund suchten das Gelände ab. Fündig wurden sie nicht. Reichardt macht die Antifa für den Zwischenfall verantwortlich. Die Drohung habe geendet mit antifaschistischen Grüßen, sagte er.