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Prozess Gewalttäter schlägt immer wieder zu

Bei Polizei und Justiz bereits gut bekannt: Ein Quedlinburger muss sich abermals wegen einer Gewalttat vor Gericht verantworten.

Von Bernd Kaufholz 09.10.2020, 13:38

Magdeburg l Ein 31 Jahre alter Quedlinburger muss sich vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht Magdeburg wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Er soll am 18. Mai dieses Jahres in Quedlinburg eine 53 Jahre alte Joggerin angegriffen haben und ihr mit einem Beutel Schläge gegen den Kopf versetzt haben. Im Beutel soll sich mindestens eine volle Getränkedose befunden haben.

Paul G. ist für Polizei und Justiz kein Unbekannter. Erst vor gut einem Jahr war G. aus der Haft entlassen worden. Er war verurteilt worden, weil er 2017 ein elf Jahre altes Mädchen auf ähnliche Art und Weise angegriffen hatte. G. hatte Berufung gegen das Amtsgerichtsurteil eingelegt und wohnte während er auf die Verhandlung vor der zweiten Instanz wartete neben einer Kita. Um ihn zu überwachen waren ihm elektronische Fußfesseln angelegt worden.

Aufgrund von Einwohnerprotesten hatte die Stadt einen privaten Sicherheitsdienst engagiert, um G., der sich bis zum Prozess vor dem Landgericht frei bewegen durfte, im Auge zu behalten. Kosten: 16.000 Euro.

Vor dem Überfall auf die Elfjährige hatte der Gewalttäter gerade eine neun Jahre lange Haftstrafe verbüßt. Er war wegen versuchten Mordes und Vergewaltigung verurteilt worden.

Weil er einen Mitschüler verprügelt hatte, war er - damals 18 Jahre alt - wegen Körperverletzung zu einem Jahr und acht Monaten Haft verurteilt worden. Die Strafe war 2007 zur Bewährung ausgesetzt worden.

Die Schwurgerichtskammer ist für diesen Fall zuständig, weil neben der möglichen Verurteilung aufgrund der aktuellen Anklage auch die Verhängung von Sicherungsverwahrung im Raum steht, wie Staatsanwalt Michael Bierwagen in seiner Anklage betonte. Das heißt, dass ein Straftäter nach seiner regulären Haftstrafe weiter im Gefängnis bleiben muss.

Das 54 Jahre alte Opfer schilderte unter Tränen, die Tat. Sie habe wie gewöhnlich in Quedlinburg gejoggt und sei dabei durch den Brühl-Park gekommen. "Mir ist ein Mann mit Basecap und prall gefülltem Beutel aufgefallen. Am nächsten Weg ist er mir dann entgegengenommen. Das war mir schon irgendwie suspekt, und ich bin ausgewichen."

Im selben Augenblick habe sie einen "schweren, dumpfen Schlag von hinten gespürt". Sie sei auf die Seite gefallen und bei der folgenden Rangelei habe der Mann weiter auf sie eingeschlagen. "Ich habe geschrien: Das kann doch nicht wahr sei. Hilfe! Hilfe! Und habe gedacht: Wenn der jetzt ein Messer zieht, dann war es das. Ich dachte, er will mich vergewaltigen." Sie habe es geschafft, sich aufzurappeln und sei mit stark blutende Kopf weggelaufen. Bis zu einem Mann, der auf einer Bank saß.

Stockend und schluchzend antwortete sie auf die Frage vom Vorsitzenden Dirk Sternberg, wie sie sich heute fühle: "Er hat mir Angst in den Kopf gepflanzt."

Als Zeuge wurde auch der 53 Jahre alter Sozialarbeiter gehört, der als Bewährungshelfer für G. zuständig war. Er bezeichnete den Angeklagten aufgrund seiner Gewalttätigkeit als "hochgefährdend". Während seiner 29 Berufsjahre habe er keinen Straftäter gehabt, "den man so schlecht lesen kann, wie G.".

Zum Joker der Anklage könnte ein 65-Jähriger werden, der im Barockpark auf dem Fahrrad nach dem Täter gesucht, ihn gefunden und danach den Mann mit der blutigen Hand und dem blutigen Beutel verfolgt hatte. Der Rentner hatte die Polizei informiert und die nahm G. kurz darauf in dessen Wohnung fest. Der Quedlinburger ist sich völlig sicher, dass es sich bei dem Angeklagten, um denjenigen handelt, den er verfolgt und den die Polizei aus der Wohnung geholt hatte.

Der Angeklagte äußerte sich, wie bereits im Ermittlungsverfahren, nicht.